Museum Niederösterreich

im Kulturbezirk St. Pölten, Jänner 2023

Museum & Zoo! Im Haus für Natur gibt es die Lebensräume Niederösterreichs mit 40 lebenden Tierarten zu sehen. Das Haus der Geschichte lädt zu einer Zeitreise durch 10.000 Jahre. Die Ausstellungen „Wildnis Stadt“ und „Niederösterreich & Wien - Szenen einer Ehe“ runden das spannende Angebot ab.

Das Museum Niederösterreich (bis 2015 Landesmuseum Niederösterreich) ist ein Museum des Bundeslandes Niederösterreich in St. Pölten. Bevor es im Jahr 2002 nach St. Pölten übersiedelte, hatte das Museum, das im Jahr 1902 vom Verein für Landeskunde gegründet wurde, einige Standorte in Wien. Aus dem Landesmuseum Niederösterreich mit den Bereichen Geschichte, Kunst, Natur wurde das Museum Niederösterreich. Seit 2016 vereint es das Haus der Geschichte und das Haus für Natur in einem Haus. Das von dem Architekten Hans Hollein (2002) und der Architektengruppe RATA PLAN (2009) adaptierte Hause vereint Geschichte, Kunst und Natur des Landes Niederösterreich.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

NIEDERÖSTERREICH & WIEN - SZENEN EINER EHE
Vor 100 Jahren, 1922, trennt sich Niederösterreich von Wien. Oder Wien von Niederösterreich? Das ist eine komplexe Frage, immerhin ist die Geschichte der beiden Bundesländer eng verwoben und bleibt dies auch nach der Trennung. Unser Rundgang durch die Dauerausstellung erforscht anhand von 22 Exponaten mit Hörstationen die Szenen einer Ehe vor und nach der Scheidung. Dabei werden beide Perspektiven, die Wiener und die niederösterreichische, gleichermaßen berücksichtigt.

DIE TRENNUNG NIEDERÖSTERREICHS VOM „WASSERKOPF WIEN"
Ab 1986 ist Wien nicht länger die Hauptstadt zweier Bundesländer: Niederösterreich bekommt mit St. Pölten endlich eine eigene Hauptstadt auf eigenem Territorium. Doch erst 1997 wird der Sitz des Niederösterreichischen Landtags von der Wiener Herrengasse nach St. Pölten verlegt. Damit wird die im Jahr 1921 beschlossene und am 1. Jänner 1922 in Kraft getretene Trennung der beiden Bundesländer vollzogen. Endgültig. Scheidungsanläufe gibt es bereits in der Monarchie. Doch erst nach dem Ende des Ersten Weltkrieges kommt Bewegung in die Sache. Hitzige Diskussionen der „Ehepartner" um die gemeinsamen Besitztümer beschäftigen die beiden Bundesländer lange. Den Durchbruch erzielen die Verhandler, so wird erzählt, im Dezember 1921 bei Brot und Wein.

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Wachturm „Eisernen Vorhang“
Als dieser tschechoslowakische Wachturm 1983 gefertigt wurde, gingen die Menschen in Europa auf die Straße. In unzähligen Friedensdemonstrationen erhoben sie ihre Stimme gegen das Wettrüsten zwischen der UdSSR und den USA. Der „Eiserne Vorhang“ trennte dabei Ost und West politisch, militärisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich. Für jene, die in den West wollten war der 453 Kilometer lange „Eisernere Vorhang“ zwischen der Tschechoslowakei und Österreich eine unüberwindbare Barriere. Das Jahr 1989 brachte dann große Veränderungen: Der Ostblock begann zu zerfallen, in der Tschechoslowakei war die „Samtene Revolution“ erfolgreich und der „Eiserne Vorhang“ wurde abgebaut. Dabei kam es im Juni 1989 auch zu einem symbolträchtigen Treffen an der Grenze Klingenbach/Sopron. Alois Mock und Gyula Horn, die damaligen Außenminister Österreichs und Ungarns, durchtrennten zum Zeichen der Grenzöffnung den "Eisernen Vorhangs", der jahrzehntelang die Trennlinie zwischen West- und Osteuropas bildete.

Dieser 11 Meter hohe, vollständige aus Stahl bestehen Wachturm wurde serienmäßig für den Einsatz am „Eisernen Vorhang“ gefertigt. Schon kurz nach dem Fall verfolgten die Landessammlungen Niederösterreich das Ziel, einen Abschnitt der Grenzschutzeinrichtungen der ČSSR museal zu sichern, um so diese historische Epoche zu dokumentieren. Fündig wurde man in der Gegen um Halamky, eine Ortschaft nahe der Grenze bei Schrems. Der Wachturm wurde bei der Niederösterreichischen Landesausstellung 2009 in Rabbs erstmals aufgestellt, seinen fixen Standort hat er im Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich in St. Pölten gefunden.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Burg Ottenstein entspricht dem Typus einer Höhenburg. Das Modell zeigt den Bauzustand in romanischer Zeit. Die Burg besteht zu dieser Zeit nur aus einem Bergfried, dem Pallas und Wirtschaftsgebäuden. Die Kapelle ist von außen zugänglich, wodurch auch die bäuerliche Bevölkerung Zutritt hat.

Wehrkirche St. Peter in der Au: Anders als Stadtbürger haben Dorfbewohner kein Recht auf eine Befestigung. Das massivste Bauwerk ist stets die Kirche. In gefährdeten Gegenden wie etwa der Buckligen Welt, der Wachau oder dem Mostviertel werden Kirchen mit Mauern umgeben und so zu Wehrkirchen verstärkt. Der einzige Zugang führt durch einen Torturm.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Rudolf I. von Habsburg, um 1910 - Hans Müller (1873-1937)
Rudolf ist der erste Habsburger auf dem Thron des Heiligen Römischen Reiches. Um seinen Landbesitz zu vergrößern und seiner Herrschaft Autorität zu verschaffen, ist er ständig unterwegs. Nicht alle Teile des Reiches sind aber gleich gut zu erfassen. Man spricht von „königsfernen" und von „königsnahen" Gebieten - darunter auch Österreich.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

INFLATIONÄRE NEUSTÄDTE
Im Jahr 2007 stößt ein Wiener Neustädter in seinem Garten auf „schlammverkrustetes Zeug", das er vorerst in seinem Keller lagert. Erst einige Jahre später, beim Verkauf seines Hauses, entpuppt sich der Fund als wertvoller mittelalterlicher Schatz. Die kostbaren Schmuck- und Gebrauchsgegenstände werden 600 Jahre früher, um 1400, außerhalb der Stadtmauer von Wiener Neustadt vergraben, das zu dieser Zeit noch „niuwe stat" heißt, also „Neustadt", und gerade einmal 200 Jahre alt ist. Bei seiner Erbauung durch den Babenbergerherzog Leopold V. spielte Lösegeld eine bedeutende Rolle. Warum aber trägt die als Bollwerk gegen die Ungarn errichtete Neustadt heute Wien in ihrem Namen?

Wiener Neustädter Schatzfund, 13./14. Jh.
Der 2010 entdeckte Schatzfund umfasst etwa 150 Objekte oder Objektteile, die allesamt aus Silber bestehen und zumeist auch vergoldet sind. Dabei handelt es sich um Kleidungszubehör, Schmuck und Tafelgeschirr, die ursprünglich im Besitz von Angehörigen der Oberschichten standen. Viele Objekte sind typisch für Mittelosteuropa, andere zeigen Einflüsse aus West- und Nordeuropa oder aus dem Mittelmeerraum. Man vermutet, dass ein Goldschmied oder Edelmetallhändler um 1400 die damals schon altmodischen, wegen des Gold- und Silbergehaltes jedoch wertvollen Stücke gesammelt hat, um sie später einzuschmelzen und neu zu verarbeiten. Wohl um sich die Tormaut von Wiener Neustadt zu ersparen, vergräbt er die Stücke provisorisch in der Nähe der Stadtmauer.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Entfernen: Entfernung aus der Gesellschaft, dem Land, dem Leben: Damit sind in Mittelalter und Früher Neuzeit Juden mehrfach konfrontiert. In Niederösterreich kommt es 1305 in Korneuburg, 1338 in Pulkau und andernorts zur Ermordung zahlreicher Juden. Man beschuldigt sie, Hostien geschändet zu haben. 1420/21 werden rund 800 arme Juden vertrieben und 200 vermögende in Wien verbrannt. 1496/97 folgt schließlich die Vertreibung „für ewige Zeiten" aus dem Herzogtum Steiermark, doch schon um 1500 kommen wieder Juden nach Wien. Ab 1511 müssen sie einen „gelben Fleck" zur Kennzeichnung tragen eine Maßnahme, die bis 1624 gilt, als im heutigen 2. Wiener Bezirk das erste Ghetto in Österreichs Geschichte eingerichtet wird. Bis zur neuerlichen Vertreibung 1671 leben in Niederösterreich an mehr als 70 Orten Juden. Ihre „Entfernung" aus dem Gedächtnis hält bis heute an.

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Uniform der Österreichischen Zollwache, 1978-1986
Die Zollwache wird bereits 1830 - also noch vor Gendarmerie und Polizei - gegründet. Sie hat nicht nur die Ein-und Ausfuhr von Waren zu kontrollieren, sondern auch illegale Grenzübertritte zu verhindern. Mit der EU-Osterweiterung 2004 wird die Zollwache aufgelöst, ihre Aufgaben werden der Zollaufsicht übertragen.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Salamihändler, um 1750, Porzellanmanufaktor Augarten
Als Kaufrufer werden Wanderhändler bezeichnet, die ihre Waren mit einem charakteristischen Ruf lautstark anbieten. Im 18. Jahrhundert kommen sie als Porzellanfiguren in Mode. Damals wird es auch in Kunstsparten wie Theater und Oper populär, das „einfache" Volk auftreten zu lassen. Die Realität ist weniger pittoresk: 1771 wird das Hausieren wieder einmal verboten.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Gnadenstuhl aus Stift Säusenstein, Fels am Wagram, nach 1511
In der Zeit der Reformation kommt die europäische Kunst zur Blüte. Als Vorlage für diesen Gnadenstuhl dient ein Holzschnitt Albrecht Dürers. Dargestellt ist die Dreifaltigkeit: Gottvater - mit einer Mitrakrone, die jener Kaiser Maximilians I. (1459-1519) ähnelt -, Christus und der Heilige Geist.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Glaubenskrisen: Die Krise des Glaubens beginnt bereits im späten Mittelalter. Der Engländer John Wyclif und der Tscheche Jan Hus stellen um 1400 ähnliche Forderungen auf wie Martin Luther 100 Jahre später: etwa, die Bibel in Volkssprachen zu übersetzen und sie als einzig relevante Glaubensquelle zu betrachten. Hus wird 1415 als Ketzer öffentlich verbrannt, seine Anhänger lösen die Hussitenkriege aus. In dieser Zeit großer religiöser und sozialer Umbrüche entwickeln sich auch irrationale Ängste. Am deutlichsten finden sie in den Hexenverfolgungen Ausdruck, die sich vor allem gegen Frauen richten. Sie reichen ins Mittelalter zurück, erleben ihren Höhepunkt aber erst im Zeitalter des Humanismus im 15. und 16. Jahrhundert: Nun meint man, die Schuld der Hexen unter Einsatz der Folter rechtlich korrekt und „wissenschaftlich" prüfen zu können.

Der böhmische Reformator Jan Hus (1372-1415) fordert die Abkehr der Kirche von weltlichem Besitz und Macht. Zudem hinterfragt er die Autorität des Papstes. 1411 wird Jan Hus exkommuniziert. Da man ihm freies Geleit zusichert, besucht Hus 1414 das Konzil von Konstanz. Dort wird er von der Vollversammlung als Ketzer zum Tod durch Verbrennen verurteilt.

Reformation: Mit dem Anschlag der 95 Thesen durch Martin Luther 1517 nimmt die Spaltung der lateinischen Christenheit ihren Anfang. Der Theologe kritisiert die Zustände in der Kirche - insbesondere die Käuflichkeit kirchlicher Ämter und den Ablasshandel - und fordert eine religiöse Neubesinnung. Die Reformideen breiten sich dank des Buchdrucks rasch aus, sowohl bei den unterdrückten Bauern als auch beim Adel: Bereitwillig nimmt dieser den neuen evangelischen Glauben an, um sich gegen die Landesherren zu stellen. Die politische Spaltung im Heiligen Römischen Reich - Kaiser und katholische Landesherren gegen protestantische Landesherren und Stände - endet vorläufig im Augsburger Religionsfrieden 1555. Nach dem Prinzip „cuius regio, eius religio" („wessen Gebiet, dessen Religion") bestimmt die Konfession des Landesherrn jene der Untertanen.

NIEDERÖSTERREICH – -PROTESTANTISCHE HOCHBURG
Als 1517 Martin Luther in Wittenberg in 95 Thesen den Ablasshandel und andere Verfehlungen der katholischen Kirche anprangert, nimmt die Reformation ihren Anfang. Luthers Bibelübersetzung schafft die Voraussetzung, dass sich die neue Glaubensauslegung im deutschsprachigen Raum rasant verbreitet. Auch in Wien und Niederösterreich bekennen sich im Lauf des 16. Jahrhunderts weite Teile der Bevölkerung zum evangelischen Glauben. Wien ist damals Zentrum des protestantisch dominierten niederösterreichischen Adels, zugleich aber Sitz katholischer Kaiser und Landesherren. Die Protestanten nutzen zahlreiche rechtliche Schlupflöcher, um ihren Glauben praktizieren zu können. Umso rücksichtsloser greift am Ende des 16. Jahrhunderts die Gegenreformation durch - und ist letztlich siegreich.

Heiliger Nepomuk, 18. Jh.
Der Legende nach wird der Prager Domherr Johannes Nepomuk 1393 von König Wenzel in die Moldau gestürzt, weil er als Beichtvater der Königin das Beichtgeheimnis nicht brechen will. Tatsächlich steht die Tat im Kontext der Kirchenspaltung. Nepomuk wird zum Märtyrer erklärt und gilt als Brückenheiliger. Die Habsburger fördern seine Verehrung in Böhmen, um jene von Jan Hus zu bannen.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Schulbesuch als Privileg
Höhere Bildung lässt sich im Mittelalter im Wesentlichen nur in Klöstern erwerben. Mit der Reformation des 16. Jahrhunderts, die auch die Pädagogik einschließt, wird humanistische Bildung für einen größeren Kreis zugänglich. In den protestantischen „Hohen Schulen" sind stets auch Plätze für mittellose Schüler reserviert. Neue katholische Orden wie Jesuiten und Piaristen greifen diese Bildungsoffensive auf. Das Gymnasium entsteht. Bildung für alle: Das ist eines der erklärten Ziele der Aufklärung, auch gegen Widerstände - etwa vonseiten der Bauern und später Arbeiter, die Bildung für nicht zwingend erachten. Doch die Obrigkeit forciert den Schulbesuch. So führt etwa Maria Theresia 1774 die allgemeine Schulpflicht ein. Der Staat übernimmt nun die Verantwortung für die Ausbildung seiner Bürgerinnen und Bürger.

Bänke aus einer Mödlinger Volksschule, 1892
1892 wird in der Schöffel-Vorstadt von Mödling, in der Maria-Theresien-Gasse, eine Volksschule errichtet. 1938 kommt in dem Gebäude auch eine Handelsschule unter. 50 Jahre später geht das Haus in den Besitz der Wiener Kaufmannschaft über. Im Zuge seiner Räumung stößt man auf diese Schulbänke aus dem Gründungsjahr der Volksschule.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Schützenscheibe, 1782
Die Schützenscheibe zeigt Joseph II. an eine Kugel gelehnt, in der rechten Hand eine Kerze als Symbol der Aufklärung. Die Aufschrift der Scheibe zeugt jedoch von vorsichtiger Kritik am Reformeifer des Kaisers: „Ich trage mit Gedult, was ich selbst nicht verstehe, mein Weiser hat die Schuld, wann ich nicht richtig gehe."

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Kaiser Joseph II., um 1770, Pompeo Girolamo Batoni zugeschrieben (1708-1787)
Joseph II. ist der erste Habsburger Herrscher, der sich auch am Hof fast nur in militärischer Uniform zeigt. Er bezieht damit Position gegen den höfischen Prunk seiner Vorgänger. Bereits 1766 schafft der Herrscher das spanische Mantelkleid ab, ein Sinnbild zeremonieller Tradition.

Nachbildung eines josephinischen „Sparsargs"
Hier wird zu praktisch gedacht: Die Verstorbenen sollen, in einen Sack gehüllt, durch die Klappe an der Unterseite ins Grab fallen, der Sarg lässt sich weiterverwenden. Die von Joseph II. 1785 eingeführte Sparmaßnahme muss bald wegen heftiger Proteste der Bevölkerung zurückgenommen werden.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Kaiser Franz I., Pompeo Marchesi (1789-1858)
1804 krönt sich Napoleon zum Kaiser von Frankreich. Aus Furcht, er würde auch Kaiser des Heiligen Römischen Reiches werden, nimmt Franz II. den Titel Kaiser von Österreich an. 1806 legt er, nun Franz I., die Krone des Heiligen Römischen Reiches zurück und löst es auf. 1816 erwerben die niederösterreichischen Stände diese Büste, die ihn als Imperator darstellt.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, um 1789, Jean-Jacques-François Le Barbier (1738-1826)
Im Zuge der Französischen Revolution schreibt die Nationalversammlung das Recht auf persönliche Freiheit, Schutz des Eigentums und Gleichheit vor dem Gesetz nieder. Das Volk habe die Gewalt, dem Staat eine Verfassung zu geben. Alarmiert verfolgen die absolutistischen Monarchen Europas die Vorgänge.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Die sinkende Macht des Kaisers
1848 besteigt der 18-jährige Franz Joseph in Olmütz/Olomouc den Thron. Umgeben von konservativen Beratern, versucht er bald nach Niederschlagung der Revolution seinen absolutistischen Regierungsanspruch durchzusetzen. Erst militärische Niederlagen in Oberitalien 1859 und bei Königgrätz/Hradec Králové 1866 bringen ihn finanziell und damit auch politisch unter Zugzwang. Der Kaiser muss den Bürgern nun mehr Mitsprache einräumen und einen Ausgleich mit Ungarn suchen. 1867 erhält Österreich-Ungarn eine liberale Verfassung und wird zur konstitutionellen Monarchie. Die politischen Forderungen von Tschechen und Südslawen verhallen indes ungehört. Auch auf den gesellschaftlichen Wandel reagiert der traditionsbewusste Kaiser nicht. Das Zeremoniell seines Hofes wirkt wie aus der Zeit gefallen und lässt auch nichts vom teilweisen Machtverlust erkennen.

„DIE SUCHT, IM NAMEN DER GEMEINDE DAS GROSSE WORT ZU FÜHREN"
Am 6. April 1861 tritt der erste gewählte Landtag von Niederösterreich zusammen. Ort des Geschehens ist das Landhaus in der Wiener Herrengasse, wo man bis zur Umsiedlung nach St. Pölten im Jahr 1997 tagt. Einer der umstrittensten Abgeordneten des Niederösterreichischen Landtages ist Karl Lueger, der demselben ab 1890 angehört. Lueger ist Galionsfigur und lautes Aushängeschild der 1893 gegründeten Christlichsozialen Partei, die 1902 die absolute Mehrheit im Niederösterreichischen Landtag erringt. Zu diesem Zeitpunkt sitzt Lueger bereits als Wiener Bürgermeister fest im Sattel. Sein mächtigster Gegner ist der liberale Statthalter von Niederösterreich, Erich Graf von Kielmansegg. Er hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg.

Kaiser Franz Joseph I. im Ornat des Ordens vom Goldenen Vlies, um 1900, V. Kretschmer
Nach Aussterben der Herzöge von Burgund 1477 übernehmen die Habsburger den Orden vom Goldenen Vlies. Sie verleihen die Auszeichnung an verdienstvolle Adelige und sichern sich so deren Loyalität. Großmeister ist bis heute das Oberhaupt des Hauses Habsburg.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Kleider machen Völker
Die Alltags- und Festkleidung der ländlichen Bevölkerung wird im 19. Jahrhundert vom Bürgertum als Element einer heilen Welt auf dem Lande verklärt. Zur gleichen Zeit beginnt sich die Volkskunde wissenschaftlich mit Trachten zu befassen, sie zu sammeln und zu dokumentieren. So entstehen Aufzeichnungen bekannter Trachten aus allen Regionen der Donaumonarchie. Die regionale und nationale Abgrenzung fördert die spätere Ideologisierung der Tracht - bis hin zur „völkischen" Trachtenpflege, besonders im Nationalsozialismus. Auch nach 1945 spielt die Tracht noch eine wesentliche Rolle bei der Identitätssuche Österreichs und einiger Nachbarregionen jenseits des „Eisernen Vorhangs". In den vergangenen Jahrzehnten bildet sich mit dem Landhausstil und erneuerten Trachtenmodellen eine ideologisch weniger belastete Form der Tracht aus.

Trachtenpuppen, 1990er-Jahre
Die frühe Volkskunde widmet sich mit Begeisterung den verschiedenen Erscheinungsformen der Tracht.
Trachtenausstellungen anhand bekleideter Puppen sind Anfang des 20. Jahrhunderts sehr beliebt. Diese Gruppe wird nach Aufzeichnungen aus dem späten 19. Jahrhundert erstellt. Sie gibt regionale Trachten aus dem Gebiet der Donaumonarchie wieder.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

„NIEDERDONAU" – -GAUHAUPTSTADT KREMS
Knapp zwei Monate nach dem vielerorts bejubelten „Anschluss" Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich im März 1938 geben die NS-Behörden den Umfang des nunmehrigen Gaues „Niederdonau" bekannt: Zum Gebiet des bisherigen Bundeslandes Niederösterreich kommen Teile des Burgenlandes. 97 niederösterreichische Gemeinden werden hingegen „Groß-Wien" zugesprochen, das sich im Süden nun ungefähr bis Baden, im Westen bis nach Pressbaum-Alland, im Norden bis knapp vor Korneuburg und im Osten bis Fischamend erstreckt. Der zum Gauleiter ernannte St. Pöltner Arzt Hugo Jury will „Niederdonau" zu einem „Mustergau des Dritten Reiches" machen. Gauhauptstadt wird jedoch nicht das von ihm favorisierte St. Pölten, sondern Krems.

Politische Deutungen einer Landschaft
An alte Kulturlandschaften knüpfen sich zahllose Geschichten, kollektive Erinnerungen, Sagen und Mythen. Sie lassen sich immer wieder neu deuten und politisch aufladen. So wird die Wachau im vergangenen Jahrhundert vielfach vereinnahmt: Die einen sehen in ihr eine ideale katholische Landschaft von Stiften, Klöstern und Heiligen. Für andere ist sie typisch altdeutsch - mit ihren Burgen, Rittern und dem Nibelungenlied, das die Wachau mit dem Rhein verbindet. Als Krems 1938 zur Gauhauptstadt von Niederdonau ernannt wird, verschafft das der Vorstellung einer „deutschen Wachau" besonderen Auftrieb. Nach 1945 ist man bemüht, die Wachau politisch zu neutralisieren, und betont nun vor allem ihr reiches kulturelles Erbe. Die ersten niederösterreichischen Landesausstellungen der späten 1950er-Jahre geben Ausdruck vom Bemühen um ein neues Österreichbild.

„Blick gegen Melk mit dem großen Emmersdorfer Viadukt", 1906, Anton Hlavacek (1842-1926)
Das Monumentalgemälde wird für die Internationale Verkehrsausstellung 1906 in Mailand geschaffen. Österreich präsentiert dort seine neuesten Eisenbahnprojekte, so die Mariazellerbahn und die - damals noch in Bau befindliche - Wachauer Bahn, zu der das Viadukt im Vordergrund des Bildes gehört. Bei der Trassenführung werden Wünsche von Denkmal- und Landschaftsschützern berücksichtigt.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Begegnungsort Küche
Essen stiftet Identität: In der Ernährung werden kulturelle Unterschiede offenkundig, sie bringt Menschen aber auch zusammen. Immer ist die Küche ein Ort, an dem Ideen, Rohstoffe und Zubereitungsarten im wahrsten Sinn des Wortes in einem Topf landen können. Mit dem Essen lässt sich eine kulinarische „Heimat" schaffen, aber ebenso die Ferne schmecken. Seit dem 19. Jahrhundert tauschen sich Esskulturen verstärkt miteinander aus was nicht zuletzt eine Folge der zahlreichen Migrationsströme ist. Ein gutes Beispiel: die österreichische Küche. Sie vereint italienische, slowenische, böhmische und ungarische Einflüsse.

„Sevilla Serie Nr. 17", 1991, Daniel Spoerri (geb. 1930)
Daniel Spoerri schafft um 1960 seine ersten „Fallenbilder". Dazu fixiert er Gegenstände alltäglicher Handlungen, wie etwa das benutzte Geschirr einer Mahlzeit, auf ihrer Unterlage und befestigt diese an der Wand. Den Betrachtenden wird solcherart eine „Falle" gestellt: Schließlich könne, so die Annahme, ein Tisch mit Resten einer Mahlzeit nicht hängen.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Modell der Stadt Retz um 1740, Oskar Chmelik
Die Siedlung Retz wird ab 1280 auf Initiative Graf Bertholds von Rabenswalde um die planmäßig angelegte „Neustadt" erweitert. Diese ist in einem rechteckigen Grundriss angelegt und von einer Mauer umgeben. Den Hauptplatz mit dem Rathaus säumen mehrgeschossige Bürgerhäuser. Dahinter liegen Gassen mit den Häusern der Handwerker.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Der Landesherr: Der Sieg Rudolfs von Habsburg über Ottokar II. von Böhmen 1276 und dessen Tod in der Schlacht auf dem Marchfeld 1278 markieren eine Zäsur: Damit beginnt die 640 Jahre währende Herrschaft der Habsburger in den Herzogtümern Österreich und Steiermark. Lange Zeit müssen sich die Habsburger als Landesherren die politische Macht mit Landständen und Städten teilen. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben sind sie auf Steuerleistungen und militärische Hilfe der Stände angewiesen. Diese Abhängigkeit nützen die Stände nicht selten offen aus. Erst mit der Niederlage der Stände in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag 1620 vermag der habsburgische Landesherr das Ringen um die Macht endgültig für sich zu entscheiden. Der absolute Monarch hält die politische Macht von nun an in seinen Händen. In der Verwaltung des Landes ist er freilich weiterhin auf die Stände angewiesen.

Kaiser Friedrich III.: Friedrich wird 1452 vom Papst in Rom zum römisch-deutschen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt. Die Verschränkung der Kaiserwürde mit dem Hause Habsburg währt mit wenigen Ausnahmen von 1439 bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806. Der hier im hohen Alter dargestellte Kaiser Friedrich III. leitet 53 Jahre lang dessen Geschicke.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Die Hauptausstellung ist das Kernstück des Hauses der Geschichte. Sie präsentiert Geschichte spannend, zeitgemäß und stellt Bezug zu aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen her. Laufend fließen neue Forschungsergebnisse in die Präsentation ein.Die Ausstellung ist nicht nach Epochen gegliedert, sondern nach Themen und Fragen. Wie wurden Territorien besiedelt und verwaltet? Sind Ein- und Auswanderung nur Phänomene der Gegenwart? Wie gewinnen Personen und Gruppen Macht über andere? Wie entsteht das Zusammengehörigkeitsgefühl von Gruppen, Regionen und Nationen? Welche technischen Erfindungen haben in den letzten Jahrhunderten Gesellschaft und Umwelt verändert?

Im letzten Drittel des Rundgangs werden politische Konflikte und Exzesse totalitärer Gewalt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts thematisiert. Aber auch die bedeutenden technischen, sozialen und politischen Entwicklungen seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Mit einem Blick auf die nähere Zukunft des gemeinsamen europäischen Raumes und die Rolle Niederösterreichs und Österreichs endet der Rundgang.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

DIE WIENER KOMMEN! Der Stadt in den Sommermonaten entfliehen - das gilt schon im 19. Jahrhundert als en vogue. Damals wie heute sind die Sommerfrische und der Zweitwohnsitz am Land mehrheitlich privilegierten Bevölkerungsgruppen vorbehalten. Im 19. Jahrhundert ist es das wohlhabende Bürgertum, das der großstädtischen Hitze den Rücken zukehrt. Mit dem Ausbau der Eisenbahn etabliert sich der Wienerwald als Region für Ausflüge und Zweitwohnsitze und bleibt es: Eichgraben zählt aktuell 31 Prozent Nebenwohnsitze. Längst aber werden diese nicht mehr nur genutzt, um im Sommer der Großstadt zu entkommen. Ausgelöst durch die Coronakrise, haben die Wienerinnen und Wiener heute vermehrt ihr Büro im Gepäck und schlagen ihr Home-Office im niederösterreichischen Grün auf. Manche kommen auch, um zu bleiben.

Modell der Dampflokomotive „Vindobona", 1843
Als erste Dampfeisenbahn Österreichs nimmt die Kaiser-Ferdinands-Nordbahn 1838 ihren fahrplanmäßigen Betrieb auf. Die „Vindobona" ist die erste Personenzuglokomotive der Bahnstrecke. 1837 in der Lokomotivfabrik George Stephenson & Co hergestellt, zeichnet sie sich durch eine dritte Achse hinter der Antriebsachse aus. 1865 wird die Lokomotive ausgemustert.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Umbau der Landschaft: Gewässer sind von alters her wichtige Transportwege und Energielieferanten, aber auch eine latente Gefahrenquelle. Daher werden sie bereits vom Mittelalter an durch den Bau von Kanälen und Regulierungen befahrbar gemacht. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts lassen sich dank dampfbetriebener Bagger- und Güterschiffe auch große Flussläufe regulieren so wie die Donau ab 1870. Später nutzt man die Wasserkraft zur Gewinnung von Elektrizität im großen Stil. Erste Kraftwerke entstehen noch vor dem Ersten Weltkrieg. Nationale Prestigeprojekte sind nach 1945 die großen Kraftwerksprojekte an Donau, Drau, Save und Inn. Sie schaffen Arbeitsplätze und decken den steigenden Energiebedarf, lassen aber auch ganze Landstriche in Stauseen versinken. Nur selten können Bürgerinitiativen Naturparadiese wie jenes in den Donauauen bei Hainburg retten.

Modell des Dampfschiffes „Maria Anna"
Am 17. September 1837 um acht Uhr in der Früh legt das Dampfschiff „Maria Anna" an der Linzer Donaulände an - als erstes Passagierschiff, das auf dieser Strecke fährt. Von Wien nach Linz hat es „nur" 55 Stunden und 22 Minuten gebraucht. Ein Schiffszug benötigt zu dieser Zeit 14 Tage.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Baugrube in Persenbeug, 1956/57, Karl Schiestl (1899-1966)
Erste Planungen für ein Donaukraftwerk bei Ybbs werden bereits in den 1920er-Jahren angestellt. Obwohl 1936 eine wasserrechtliche Bewilligung für den Bau erfolgt, wird das Kraftwerk erst 20 Jahre später eröffnet. Es gilt als Prestigeprojekt der Wiederaufbauzeit und wird als solches von einem namhaften Künstler festgehalten.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Steyr 80a, 1955
Im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem Zweiten Weltkrieg kommt es zur Motorisierung der Landwirtschaft: Erstmals können auch kleinere Betriebe von tierischer Zugkraft auf Traktoren umsteigen. 1949 kommt der 15 PS starke „15er Steyr" auf den Markt. Das Modell 80a wird wegen seiner Bodenfreiheit auch „Hackfruchter" genannt.

Modell einer Dampfdreschmaschine
Dampfdreschmaschinen stehen ab 1850 in Großbetrieben in Verwendung. Durch die Bildung von Dreschgenossenschaften und den Lohndrusch können ab 1900 auch kleinere Betriebe die teuren Maschinen nützen. Besonders vorteilhaft sind Modelle, die ausdreschen, ausputzen und sortieren, also nahezu marktfähige Körner liefern.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Fossile Energie
Kohle ist der erste wichtige fossile Energieträger. Im 20. Jahrhundert laufen ihr Erdöl und Erdgas den Rang ab. Zu den frühesten bekannten Lagerstätten der Habsburgermonarchie gehören die Ölfelder in Galizien. In Österreich stößt man in den 1930er-Jahren im Raum Zistersdorf erstmals auf wirtschaftlich bedeutende Erdöllagerstätten. In der NS-Zeit werden die niederösterreichischen Ölfelder für die deutsche Rüstung, in den Jahren der sowjetischen Besatzung für die Wirtschaft der UdSSR ausgebeutet. Aus der Sowjetischen Mineralölverwaltung (SMV) wird mit dem Staatsvertrag 1955 die Österreichische Mineralölverwaltung (heute OMV). Sie kann den Erdölbedarf des Landes zunächst noch selbst decken. Heute macht Erdöl aus dem Weinviertel nur mehr zehn bis 15 Prozent der in Österreich benötigten fossilen Energie aus.

„Ölfeld bei Mühlberg", 1956/57, Karl Schiestl (1899-1966)

Schnittmodelle zur Erdölförderung im Weinviertel, um 1990
Nach erfolgreicher Voruntersuchung wird eine Bohrung vorgenommen, die im Weinviertel in eine Tiefe von bis zu 8,5 Kilometern reichen kann. Sind die Förderrohre fertig, wird statt des Bohrturms eine sogenannte Sonde errichtet. Diese pumpt das Rohöl beziehungsweise ein Öl-Wasser-Gemisch, das nur zu einem Zehntel aus reinem Öl besteht, aus der Erde.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Gesticktes Spruchtuch: Gestickte Sinnsprüche schmücken ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bürgerliche und später auch bäuerliche Haushalte. Ihre Verbreitung steht auch mit der Aufwertung des Wohnraums in Zusammenhang - schließlich schützen solche Tücher Wände und Möbel. Sie sind mit Haussegen, moralischen Anweisungen oder Appellen versehen, sein Schicksal zu ertragen.

Freude an der Häuslichkeit hat noch keine Frau gereut

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Stechuhr, um 1911
Stech- und Stempeluhren kommen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf, sie werden zum Symbol für die Durchsetzung penibler Pünktlichkeit in der Arbeitswelt. Mit der exakten Erfassung der Arbeitszeit wird Akkordarbeit möglich. Sie erleichtert die Planung der Produktion, diszipliniert nicht zuletzt aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Zimmerplan des Hotel Panhans am Semmering, um 1930
Das Hotel Panhans wird 1888 von Vinzenz Panhans gegründet, der zuvor als Küchenchef im nahen Südbahnhotel tätig ist. Bis zum Ersten Weltkrieg wächst das „Panhans" auf 400 Zimmer an und zählt damit zu den größten Hotels Europas. Den heute noch bestehenden Erweiterungsbau planen die Theaterarchitekten Hermann Helmer und Ferdinand Fellner.

Teller aus dem Südbahnhotel, um 1882, Désirée Vasko-Juhász
Die Idee zur Errichtung des Südbahnhotels geht auf den Generaldirektor der Südbahn-Gesellschaft, Friedrich Schüler, zurück. Es soll für zusätzliche Einnahmen und eine Erhöhung der Fahrgastfrequenz sorgen. 1882 ist das Hotel fertig, es folgen Zubauten und Erweiterungen. In seiner Blütezeit zählt das Haus mehr als 350 Zimmer und beherbergt über 1.000 Gäste.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Modell des Austro-Daimler Benzin-Triebwagens BBÖ VT 63, 1933/34, Fritz Sedlacek
Als Anfang der 1930er-Jahre der Automobilmarkt durch die Wirtschaftskrise zusammenbricht, entwickelt Austro-Daimler mehrere Schnelltriebwagen für die Bahn. Der VT63 wird für den Fernverkehr auf der Südbahn gebaut. Die wirtschaftlichen Probleme des Unternehmens lassen sich dadurch aber auch nicht lösen. Als Austro-Daimler 1934 mit der Steyr AG fusioniert, wird der Bau von Pkw gänzlich eingestellt.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

GETEILTES LAND
Österreich ist ab dem Kriegsende 1945 von den Streitkräften der Alliierten besetzt. Die Besatzungsmächte teilen Österreich in vier Zonen auf, deren Grenzen quer durch das Land verlaufen. Niederösterreich, Burgenland und das oberösterreichische Mühlviertel werden von den Sowjets besetzt. Das in der sowjetischen Besatzungszone liegende Wien gliedern die Alliierten in fünf Sektoren: Wenn man so will, erhält jede Besatzungsmacht ein Stück vom Kuchen, also einen Sektor der Hauptstadt. Das Wiener Stadtzentrum als fünften, internationalen Sektor kontrollieren die Alliierten gemeinsam. Die Bewegungsfreiheit der Menschen im geteilten Land ist stark eingeschränkt. Für die niederösterreichische Bevölkerung liegt Wien, trotz der geringen geografischen Distanz, in weiter Ferne.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Fahndungsfoto Margarethe Ottillingers, aufgenommen in Baden bei Wien, November 1948
Am 5. November 1948 wird die aus Steinbach stammende Margarethe Ottillinger - damals eine der höchsten Beamtinnen der Republik - am amerikanisch-sowjetischen Zonenübergang auf der Ennsbrücke nahe St. Valentin verhaftet. Der ebenfalls im Auto sitzende Minister Peter Krauland greift nicht ein. Sie wird der Spionage und Fluchthilfe für einen sowjetischen Ingenieur bezichtigt - und zur Lagerhaft im GULAG verurteilt.

Nach ihrer Verhaftung wird Ottillinger die Uhr abgenommen und vor ihren Augen zerlegt. Die Botschaft dieser „Durchsuchung" ist ihr in diesem Moment völlig klar, wie sie später festhält: Von nun an, in sowjetischer Haft, spielt Zeit für sie keine Rolle mehr. Sie überlebt sieben Jahre im sowjetischen GULAG, kehrt 1955 zurück und wird Vorstandsmitglied der OMV.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

NIEDERÖSTERREICH IM WANDEL
Zehn Jahre nach Wiedererrichtung der Republik und nach langem Ringen der Regierungen Leopold Figl und Julius Raab wird 1955 der Staatsvertrag unterzeichnet: „Österreich ist frei". Der Wiederaufbau erfolgt großteils mit US-amerikanischer Hilfe. Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur können sich frei entwickeln. Industrialisierung, Massenkonsum, Umweltbewegung, Emanzipation der Frau, neue Kommunikationsmittel: Der gesellschaftliche Wandel schreitet beschleunigt voran. Die Globalisierung lässt die Welt enger zusammenrücken, gleichzeitig bekommen regionale Besonderheiten einen höheren Stellenwert. Zunächst noch benachteiligt durch die Folgen der sowjetischen Besatzung und seine Lage am „Eisernen Vorhang", entwickelt sich Niederösterreich vom industrialisierten Agrarland zum agrarischen Industrieland ... und schließlich zu einer Modellregion im Herzen Europas, die mit kultur- und forschungspolitischen Initiativen von überregionaler Bedeutung hervortritt.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Niederösterreich: Wiege der Republik
Am 1. April 1945, einen Monat vor Kriegsende, nimmt Karl Renner von Gloggnitz aus Kontakt mit sowjetischen Truppen auf - zur gleichen Zeit, als ihn bereits Offiziere im Auftrag Stalins suchen. In Hochwolkersdorf und Köttlach verhandelt man in der Folge über eine Staatsregierung. Am 27. April 1945 wird die Republik für wiedererrichtet und unabhängig erklärt. Renner beruft sich dabei auf die Moskauer Deklaration von 1943. Ende September erkennen die Bundesländer die Regierung aus Vertretern von Volkspartei (ÖVP), Sozialisten (SPÖ) und Kommunisten (KPÖ) an. Sie wird nun auch von den Westalliierten bestätigt. Nach zwölf Jahren gelten wieder demokratische Grundsätze. Bei der Nationalratswahl am 25. November gewinnt die ÖVP überraschend die absolute Mehrheit und stellt mit Leopold Figl den Bundeskanzler einer Konzentrationsregierung aus ÖVP, SPÖ und KPӦ.

Leopold Figl, Franz Anton Coufal (1927-1999)
Der Agraringenieur Leopold Figl (1902-1965) wird 1934 zum Direktor des Niederösterreichischen Bauernbundes. Nach dem „Anschluss" verhaften die Nationalsozialisten Figl als Funktionär des „Ständestaates" umgehend und transportieren ihn ins KZ Dachau. Nach seiner Entlassung 1943 schließt er sich dem Widerstand an. Im April 1945 begründet Figl die Österreichische Volkspartei (ÖVP) mit; bis 1951 steht er ihr als erster Obmann vor. In den ersten Monaten der Zweiten Republik ist Figl Vizekanzler in der Regierung Renner, Ende 1945 wird er
zum Bundeskanzler gewählt. Seine achtjährige Kanzlerschaft und seine anschließende Tätigkeit als Außenminister sind von Bemühungen um die Konsolidierung der jungen Republik und ihre internationale Anerkennung geprägt. Unter Figls Beteiligung kommt 1955 der Österreichische Staatsvertrag zustande. 1962 wird er zum Landeshauptmann von Niederösterreich bestellt.

Julius Raab, 1957, Gustinus Ambrosi (1893-1975)
Der in St. Pölten geborene Julius Raab (1891-1964) beginnt seine politische Karriere 1927 als christlichsozialer Abgeordneter im Nationalrat. Zeitgleich führt er die niederösterreichische Heimwehr an. Vor dem „Anschluss" 1938 ist Raab kurzzeitig Handels- und Verkehrsminister. Als Mitbegründer der Österreichischen Volkspartei und des Österreichischen Wirtschaftsbundes 1945 ist er auch in der Zweiten Republik als Nationalrat tätig. Von 1953 bis 1961 leitet er deren Geschicke als Bundeskanzler. In seine Amtszeit fallen der von ihm durch den „Raab-Kamitz-Kurs" mitverantwortete wirtschaftliche Aufstieg Österreichs und der Abschluss der Verhandlungen zum Staatsvertrag. Er bleibt deshalb als „Staatsvertragskanzler" in Erinnerung.

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Österreichischer Staatsvertrag
Da Österreich in der Moskauer Deklaration von 1943 als erstes Opfer der NS-Angriffspolitik bezeichnet wird, braucht es keinen Friedensvertrag. 1947 beginnen in London die Verhandlungen mit den Siegermächten über den Staatsvertrag. Ziel ist die Wiederherstellung Österreichs. Der Kalte Krieg und sowjetische Ablöseforderungen verzögern die Verhandlungen. Erst nach dem Tod Stalins kommt es zur Einigung mit der Sowjetunion im Moskauer Memorandum. Es gilt als Geburtsstunde der österreichischen Neutralität und macht den Weg zum Staatsvertrag frei. Dieser schreibt etwa das Anschlussverbot an Deutschland, Minderheitenrechte sowie das Verbot der NS-Wiederbetätigung fest - nicht aber die Mitverantwortung Österreichs am Zweiten Weltkrieg, obgleich diese in der Moskauer Deklaration festgehalten ist. Am 15. Mai 1955 wird der Staatsvertrag im Schloss Belvedere unterzeichnet.

Delegation für die Staatsvertragsverhandlungen in Moskau, 6. April 1955
Das Bild zeigt die österreichische Delegation für die Staatsvertragsverhandlungen einige Tage vor dem Abflug nach Moskau: Staatssekretär Bruno Kreisky, Außenminister Leopold Figl, Vizekanzler Adolf Schärf und Bundeskanzler Julius Raab (v. l. n. r.).

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„Unterzeichnung des Staatsvertrages im Belvedere", 1956, Sergius Pauser (1896-1970)
Ein offizielles Ölgemälde soll den Moment der Unterzeichnung des Staatsvertrages festhalten. Im Auftrag der Regierung fertigt der Künstler Sergius Pauser vor Ort Skizzen an. Das daraus entstandene Ölgemälde lehnt Bundeskanzler Julius Raab jedoch ab, da die Gesichter der einzelnen Teilnehmer kaum erkennbar sind. Er beauftragt den Maler Robert Fuchs mit einem neuen Gemälde. Das Land Niederösterreich erwirbt später eine Fassung des Ölgemäldes von Pauser.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Replikat des Staatsvertrags
Am 15. Mai 1955 wurde der Österreichische Staatsvertrag im Schloss Belvedere von neun Personen unterzeichnet. Sie vertraten die alliierten Mächte USA, Frankreich und die Sowjetunion sowie die österreichische Bundesregierung. Der Staatsvertrag, der die vollumfängliche Wiederherstellung der Souveränität Österreichs festlegte, ist ein elementarer Baustein der österreichischen Erinnerungskultur. Er wurde zum Sinnbild der Befreiung und des Neuanfangs. Zahlreiche Legenden bildeten sich mit der Zeit, so etwa die Erzählung von der Trinkfestigkeit Leoplod Figls, die sich in der Verhandlung mit dem sowjetischen Außenminister Molotov positiv ausgewirkt hätte, und selbstverständlich die berühmten Worte „Österreich ist frei!“, die in der kollektiven Erinnerung von Leopold Figl auf dem Balkon des Belvederes ausgerufen wurden – tatsächlich wurden sie das aber nur in einem Zusammenschnitt für das Fernsehen, denn der berühmte Satz war schon davor im Marmorsaal ausgesprochen worden. Für die Eröffnung des Hauses der Geschichte in St. Pölten wurde 2017 vom russischen Außenministerium ein Replikat des im Staatsarchiv Moskau befindlichen Staatsvertrags übergeben, das nun dauerhaft im Museum Niederösterreich ausgestellt ist.

Vollständiges Faksimile des Österreichischen Staatsvertrags, 1955
Im April 1955 nehmen Bundeskanzler Raab, Vizekanzler Schärf, Außenminister Figl und Staatssekretär Kreisky in Moskau an entscheidenden Verhandlungen teil. Im „Moskauer Memorandum" verständigen sie sich mit den sowjetischen Verhandlern auf die „immerwährende Neutralität" Österreichs. Der Weg für den Staatsvertrag ist frei.

Füllfeder von Außenminister Leopold Figl
Am 15. Mai 1955 unterzeichnen die Außenminister der UdSSR, der USA, Großbritanniens und Frankreichs den Staatsvertrag in einer feierlichen Zeremonie im Wiener Schloss Belvedere. Leopold Figl setzt als österreichischer Außenminister seine Unterschrift mit dieser Füllfeder und in grüner Tinte unter den Vertrag.

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„Stanglpuch" MS 50 und Puch S 125, 1954
Die Massenmotorisierung nach 1945 wird zunächst von Zweirädern vorangetrieben. Günstig und bei (männlichen) Jugendlichen beliebt ist etwa die Puch MS 50, da sie ab 16 Jahren und ohne Führerschein gefahren werden kann. Die stärkere Puch S 125 wird dafür oft mit einem Beiwagen kombiniert und stellt fast schon ein Familienfahrzeug dar.

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VOM ZIEGELTEICH ZUR GOLDGRUBE
Die österreichische Erfolgsmarke Eumig kennt heute fast niemand mehr - dabei ist das Unternehmen bei Filmkameras und -projektoren für den Heimgebrauch einst Weltmarktführer. Ein weithin sichtbares Vermächtnis hat Eumig aber doch hinterlassen: seine 1974 eröffnete Firmenzentrale, ein zehnstöckiges Hochhaus in Wiener Neudorf, nahe der Shopping City Süd. Seinen heutigen Namen verdankt das Gebäude jedoch einem späteren Nutzer, dem Unterwäscheriesen Palmers. Monolithisch und wohlproportioniert ist das grünlich schillernde Hochhaus ein Blickfang für jene, die auf der A2 vorbeirasen. Kühn und zukunftsweisend ist nicht nur die Architektur, sondern auch die kaufmännische Entscheidung des Wiener Unternehmens Eumig, seine Produktion vor die Tore der Stadt zu verlegen - dorthin, wo einst Ziegelteiche waren.

Eumig-Schmalfilmkamera C3, um 1950
Die 1919 in Wien gegründete Firma Eumig übersiedelt 1956 nach Wiener Neudorf. Bereits 1934 beginnt man mit der Erzeugung von Filmkameras. Vom Modell C3 werden bis 1959 300.000 Stück hergestellt. Damit ist es auch einem breiteren Publikum möglich, Erinnerungen im „Laufbild" festzuhalten.

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TV-, Radio- und Plattenspielerkombination Minerva Belvedere 589A, 1957/58
1955 beginnt in Österreich das TV-Zeitalter. Ähnlich wie das Radio 30 Jahre zuvor erobert das Fernsehen die Wohnzimmer und verändert den Medienkonsum nachhaltig. Zwar sind die ersten Geräte noch unerschwinglich - dieses Modell hat etwa den Preis eines Kleinwagens -, doch rasch wird ihr Besitz zum Statussymbol.

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Schneidetisch von Franz Antel, Nostalgiewelt Eggenburg
Filmregisseur Franz Antel (1913-2007) gilt als einer der meistbeschäftigten Vertreter des österreichischen Kinos der Nachkriegszeit. In den 1950er-Jahren feiert er mit Heimatfilmen wie „Kaisermanöver" oder „Vier Mädels aus der Wachau" große Erfolge beim Kinopublikum. Erst sein Spätwerk - die filmische Auseinandersetzung mit der NS-Zeit in „Der Bockerer" - bringt ihm 1981 auch die Anerkennung der Kritik ein.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Mit „Erinnern für die Zukunft“ kann man auf eine Zeitreise gehen. Besuchen wir die Jahre 1945, 1955, 1995 und 2005. Jahre, die für Niederösterreich und die hier lebenden Menschen eine große Bedeutung hatten und haben. Blicken wir in die Vergangenheit, um die Zukunft gestalten zu können.

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Modell von Regierungsviertel und Kulturbezirk St. Pöltens
Aus einem internationalen Wettbewerb zur Gestaltung des Regierungsviertels geht 1990 der Entwurf des österreichischen Architekten Ernst Hoffmann als Siegerprojekt hervor. Zwei Jahre wird geplant, fünf Jahre gebaut. 1997 übersiedelt die Landesverwaltung von der Wiener Innenstadt in das neue Regierungsviertel. Das Landtagsgebäude liegt direkt an der Traisen, daneben befindet sich der Sitz der Landesregierung. Hinter dem rund 80 Meter hohen Klangturm erstreckt sich der Kulturbezirk mit dem Festspielhaus (Architekt Klaus Kada), dem Museum Niederösterreich (Architekt Hans Hollein), der Landesbibliothek (Architekten Paul Katzberger und Karin Bily) und dem Landesarchiv (Architekten Paul Katzberger und Michael Loudon). Das Areal wird nach 1997 noch erweitert: 1998 geht etwa das ORF-Landesstudio in Betrieb.

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Hauptausstellung im Haus für Natur
Rund 40 lebende, einheimische Tierarten leben in Aquarien, Terrarien und in Formicarien. Im 125.000 Liter fassenden großen Donaubecken glauben manche Besucherinnen und Besucher einen Hai zu sehen, einen Fisch mit asymmetrischer Schwanzflosse. Doch bei genauem Hinsehen ist der „Hai“ ein Waxdick, ein Vertreter der Störe. Er ist eine von rund 40 Tierarten, die im Museum Niederösterreich gepflegt werden. Darunter befinden sich viele gefährdete Arten. Seit 2002 besitzt das Museum die Betriebsbewilligung als Zoo. Strenge Auflagen sind damit verbunden, unter anderem die Anstellung ausgebildeter Tierpflegerinnen:innen regelmäßige Tierarzt-Visiten und die Führung von Zuchtbüchern. Der Nahrungsbedarf der gehaltenen Tiere ist übrigens beträchtlich. Jährlich werden 150 kg Futterfische, 30.000 Heuschrecken und 50 kg Mehlwürmer verfüttert.

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SCHNEEHASE (Lepus timidus)
Die Verbreitung des Schneehasen in Österreich beschränkt sich auf die Alpen. Hier hält er sich bevorzugt im Bereich zwischen der geschlossenen Waldgrenze bis zur Baumgrenze auf. In der offenen Landschaft über der Baumgrenze sind Zwergstrauchbestände, die ausreichend Deckung bieten, wichtiger Bestandteil seines Lebensraumes. Der Wechsel vom weißen Winterfell zum braungrauen Sommerfell erfolgt über ein geschecktes Übergangsfell. Das sehr dichte Winterfell ist bis auf die Ohrspitzen vollständig weiß.

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ALPENMURMELTIER (Marmota marmota)
Das Alpenmurmeltier ist das zweitgrößte heimische Nagetier und in den Alpen weit verbreitet, der heutige Bestand in den Ostalpen Niederösterreichs geht jedoch auf die Wiederansiedelung in der Mitte des 19. Jahrhunderts sowie die Jahre zwischen 1950 und 1980 zurück, während die Ursprungsbestände durch Überjagung ausgelöscht wurden. Der typische Lebensraum der Alpenmurmeltiere sind die alpinen Rasenflächen jenseits der Baumgrenze, wo sie geeignete Futterpflanzen finden.

SOZIALVERHALTEN
Murmeltiere sind äußerst gesellig und leben in größeren Familienverbänden, wobei meist die Nachkommen verschiedener Jahre mit dem dominanten Paar zusammenleben. Innerhalb der Gruppe herrscht eine strenge Rangordnung. Ein Revier ist rund 2,5 ha groß. Die Reviergrenze wird von den dominanten Tieren, auf ihren Patrouillengängen, mit einem Sekret aus den Wangendrüsen markiert.

WARNRUF
Nach dem Prinzip „mehr Augen sehen mehr" bietet das Zusammenleben in der Gruppe entscheidende Vorteile. Ist eine Gefahr erst einmal entdeckt, wird der Rest der Gruppe alarmiert, mit einem einzelnen schrillen „Pfiff" oder einer Serie von kurzen aufeinanderfolgenden Warnrufen. Ein einzelner Pfiff deutet auf eine unmittelbare Gefahr (angreifender Adler) hin und löst eine sofortige Fluchtreaktion aus, während eine Serie von Pfiffen auf eine potenzielle Bedrohung aufmerksam macht (Wanderer, Füchse).

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WIENS „HERRLICHER HINTERGRUND“
Lange Zeit haben Rehe, Hirsche, Wildschweine, Luchse und Bären den Wienerwald für sich, wenn nicht gerade herrschaftliche Jäger ihnen das Leben schwermachen. Als Jagdgebiet der Landesfürsten ist der Wald für die Bevölkerung nicht zugänglich. Auch gerodet wird er nicht. Als die Truppen des Osmanischen Reichs 1529 durch Niederösterreich ziehen und Wien belagern, kommt es zu ersten umfangreichen Schlägerungen. Das Holz wird als Baumaterial für Befestigungsanlagen und für den Wiederaufbau der Stadt benötigt. Mit dem Wachstum der Stadt steigt auch der Bedarf an Brenn- und Bauholz. Unter Kaiser Franz Joseph I. werden große Teile des Waldes beinahe zur Abholzung freigegeben. Ein entschlossener Mödlinger weiß das zu verhindern und rettet Wiens herrliche Umgebung.

Verunglimpfung des Wienerwald-Retters Josef Schöffel, 1873
Titelblatt der Zeitschrift Die Bombe mit Karikatur Carl von Angerers und Carl von Sturs

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Das Haus für Natur im Museum Niederösterreich versteht sich nicht nur als gelungene Mischung aus interaktivem Museum und lebendigem Zoo, sondern auch als Kompetenzzentrum für Forschung und Vermittlung. Im Zuge dieser Mission wurde das Veranstaltungsformat „Erlebte Natur“ entwickelt, das spannende Dialoge zu gesellschaftsrelevanten Themen präsentiert. Die Versachlichung oft emotional geführter Debatten und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse stehen dabei im Fokus.

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

BRAUNBÄR (Ursus arctos)
Braunbären sind sehr anpassungsfähige Säugetiere. Sie haben sich verschiedenste Lebensräume und Kontinente auf der nördlichen Erdhalbkugel erschlossen. Weltweit gibt es rund 20 Unterarten, die sich in Körpergröße und Fellfarbe, vor allem aber durch ihr Verbreitungsgebiet unterscheiden.

BÄRENSCHLAF
Während der Wintermonate finden Braunbären nicht genügend Nahrung. Daher verbringen sie die kalte Jahreszeit in mit weichen Materialien ausgebetteten Fels- oder Erdhöhlen. Bei dieser Winterruhe sinkt - im Unterschied zu echten Winterschläfern - die Körpertemperatur nur unwesentlich (um ~1°C). Sauerstoffbedarf und Atemfrequenz werden reduziert, die Herzschlagrate fällt auf ein Viertel bis auf die Hälfte des normalen Wertes (rund 40 Schläge pro Minute). Dieser Zustand lässt sich mit einem tiefen Schlaf vergleichen. Wird ein Bär aber gestört, ist er in kurzer Zeit wach.

JÄGER, SAMMLER - ALLESFRESSER
Das natürliche Nahrungsangebot im Lauf der Jahreszeiten ist sehr unterschiedlich, doch daran haben sich die Braunbären perfekt angepasst. Wenn sie aus ihrer Winterruhe erwachen, ist die Speisekarte sehr karg. Um den sprichwörtlichen „Bärenhunger" zu stillen, ist „Fallwild" neben Würmern, Insekten, kleinen und größeren Wildtieren eine wichtige Nahrungsquelle. Im Sommer werden die Bären zu Vegetariern, neben Gräsern und Kräutern stehen jetzt auch junge Triebe, Wurzeln und Knollen, auf dem Speisezettel. Bis zum Spätherbst fressen sich die Bären mit Eicheln, Nüssen, Bucheckern und verschiedensten Früchte eine dicke Speckschicht an, von der sie während ihrer Winterruhe zehren.

DER ÖTSCHERBÄR - EINE TRAGISCHE ERFOLGSGESCHICHTE
Im Jahr 1972 wanderte ein slowenischer männlicher Braunbär in die nördlichen Kalkalpen ein und siedelte sich in der steirisch-niederösterreichischen Grenzregion zwischen Ötscher und Hochschwab an. Nach langer Zeit lebte wieder ein Bär in Niederösterreich und wurde als „Ötscherbär" zum Hoffnungsträger. Auf Initiative des WWF startete ein Wiederansiedelungsprojekt, zwischen 1989 und 1993 wurden drei aus Slowenien stammende Bärenweibchen ausgewildert, bald darauf gab es den erhofften Nachwuchs. Insgesamt 31 Jungbären wurden geboren und eine kleine Population von bis zu 12 Tieren lebte dauerhaft in den nördlichen Kalkalpen. In den Folgejahren verschwanden rund 20 Bären, einige wurden illegal abgeschossen. Im Jahr 2009 war der Bestand bis auf die zwei alten Bärenmännchen „Max" und „Djurno" zusammengeschmolzen. 40 Jahre, nachdem der erste Braunbär zurückgekehrt war, ist er in den nördlichen Kalkalpen erneut ausgestorben: 2012 konnte kein einziger Bär nachgewiesen werden.

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Wildschwein

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Fuchs

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Waschbär

 Museum Niederösterreich, Jänner 2023

Fische

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Ringelnatter (Natrix natrix)
Häufigste heimische Schlangenart, die ein weites Spektrum unterschiedlichster Lebensräume in der Nähe von Gewässern sowie die Gewässer selbst besiedelt. Sie fehlt lediglich in ausgesprochen trockenen Gebieten und im Hochgebirge. Das typische Erkennungsmerkmal sind ihre beiden Halbmondflecke im Nackenbereich. Das robust gebaute Weibchen ist markant größer als das zierlich wirkende Männchen. Bei Bedrohung beißt die Ringelnatter nicht, sondern versucht, ihren Gegner durch eine stark stinkende, gelbe Flüssigkeit abzuschrecken. Hauptnahrung sind Amphibien.

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Erdkröte (Bufo bufo)
Kröten sind an Land lebende Tiere, die zur Paarungszeit im März/April für wenige Tage ihre Laichgewässer aufsuchen. Dort hängen die einzelnen Weibchen 3.000 bis 8.000 Eier in meterlangen Schnüren an Wasserpflanzen. Die Larven leben 2 bis 3 Monate im Wasser, bevor die Umwandlung zur Kröte abgeschlossen ist. Im Gegensatz zu anderen Kaulquappen werden die der Erdkröte von Fischen meist verschmäht.

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SUMPFSCHILDKRÖTE (Emys orbicularis) Jungtiere Nachzucht des MUSEUM NIEDERÖSTERREICH
Die Europäische Sumpfschildkröte steht in Österreich auf der Roten Liste gefährdeter Tiere und ist massiv vom Aussterben bedroht. Die eigene Nachzucht des MUSEUM NIEDERÖSTERREICH stellt daher einen wertvollen Beitrag zur Arterhaltung dar. Die Eltern dieser Jungtiere leben im Außenbiotop des Museums.

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