Museum am Dom

St. Pölten, Juni 2023

Das Museum am Dom befindet sich in den Räumen des ehemaligen Augustiner-Chorherrenstiftes St. Pölten. 2023 steht ganz im Zeichen des Jugendstils: Erstmals in Österreich werden herausragende Exponate aus dem sakralen Bereich präsentiert. Obwohl der Jugendstil zunächst eine weltliche „Modeströmung“ war, hinterließ er auch im kirchlichen Umfeld seine Spuren. Das Museum am St. Pöltner Domplatz ist direkt neben dem Dom zu St. Pölten.

 Museum am Dom St. Pölten, Juni 2023

Das Museum am Dom St. Pölten (bis 2020 Diözesanmuseum St. Pölten) ist das Museum der Diözese St. Pölten. Es wurde im Jahr 1888 gegründet und ist das älteste diözesane Museum Österreichs. Das Museum befindet sich am St. Pöltner Domplatz in den barocken Räumlichkeiten des ehemaligen Augustiner-Chorherrenstiftes St. Pölten. Die Museumssammlung umfasst kirchliche Kunst aller Epochen und Gattungen.

 Museum am Dom St. Pölten, Juni 2023

SAKRALER JUGENDSTIL
Die Kunstströmung des Jugendstils erlebte ihren Höhepunkt an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert und charakterisiert sich durch eine stark an der Natur angelehnte, vegetabil-florale Formensprache, durch die Verwendung neuartiger Materialien sowie durch eine Ästhetik, die das Funktionale in den Vordergrund stellt. Gemeinsames Ziel der unterschiedlichen Jugendstil-Strömungen war die Überwindung der sich im 19. Jahrhundert etablierten Kunst des Historismus, die als veraltet und nicht innovativ angesehen wurde. Der Historismus aber hatte vor allem in der kirchlichen Kunst einen großen Aufschwung erlebt der Jugendstil hingegen wurde innerkirchlich kritisch betrachtet.

In diesem Spannungsfeld zwischen traditioneller Kunstauffassung und aufgeschlossenern Zeitgeist entstanden um 1900 dennoch zahlreiche sakrale Kunstgegenstände, die die gesamle Bandbreite von kirchlichen Erfordernissen abdecken: von Altären über Kelche und Monstranzen bis hin zu liturgischen Gewändern. 1897 wurde die Wiener Secession gegründet, die für die moderne Kunst in Österreich wegweisend wurde. Viele der in dieser Vereinigung aktiven Künstler waren auch im kirchlichen Bereich tätig. Die Stadt St. Pölten, Wohnort mehrerer Secessions-Mitglieder, ist bis heute eng mit den Jugendstil verbunden. Die Ausstellung im Museum am Dom rückt erstmals seit über 100 Jahren den sakralen Bereich des österreichischen Jugendstils in den Fokus und zeigt, dass aufgeschlossene Geistliche und Auftraggeber auch im kirchlichen Kunstschaffen dennoch gemäß dem Wahlspruch der Secession - „der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit" ermöglichten.

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Kelch - Leopold Forstner (Entwurf), Franz Halder, Wien (Ausführung), um 1911
Silber vergoldet, Emaille, Malachit, Lapislazuli
Messkännchen - Leopold Forstner (Entwurf zugeschrieben), Franz Halder und J. und L. Lobmeyr, Wien (Ausführung zugeschrieben), um 1912 Metall versilbert, Glas, Lapislazuli
Ziborium - Leopold Forstner (Entwurf), Franz Halder, Wien (Ausführung), 1912
Silber vergoldet, Emaille, Lapislazuli, Malachit

 Museum am Dom St. Pölten, Juni 2023

DIE AUSSTELLUNG FÜR KIRCHLICHE KUNST (1912)
Von 12. bis 15. September 1912 tagte der „Internationale Eucharistische Weltkongress" in Wien.
Tausende Menschen strömten in die Donaumetropole, um an der von Kardinal Nagl (1855-1913) initiierten spirituellen Veranstaltung teilzunehmen. Die Feierlichkeiten kulminierten in einer stattlichen Schlussprozession entlang der Wiener Ringstraße. Begleitet wurde der Kongress von der mehrmonatig veranstalteten „Ausstellung für kirchliche Kunst", die eine große Fülle an secessionistisch geprägten Objekten präsentierte und als die wichtigste Ausstellung mit Schwerpunkt „Sakraler Jugendstil" gilt.

Die Ausstellung wurde vom Museum für Kunst und Industrie, dem heutigen Museum für angewandte Kunst, veranstaltet. Sie diente vor allem dazu, die Kunstfertigkeit „heimischer" Künstler aus Österreich und den Kronländern zu veranschaulichen. Anders als die „24. Ausstellung der Secession" (1905), wurden in der Ausstellung für kirchliche Kunst nicht nur vereinzelte, sondern sämtliche zum Kircheninventar gehörige Objekte präsentiert. Dies reichte vom Messpult über liturgische Geräte, Paramente, bis hin zu Mobiliar und Teilen architektonischer Ausstattung wie Glasfenster samt Skizzen und Entwurfskartons.

Die größten „Ausstellungsobjekte" bildeten künstlerisch gestaltete Apsiden, die nach Ausstellungsende in die Raumschale der dafür vorgesehenen Pfarrkirchen integriert wurden. Eines der bedeutendsten Ausstellungsobjekte war die für den Mariazeller Gnadenaltar angefertigte Monstranz, die während der Schlussprozession des Eucharistischen Weltkongresses in einem Prunkwagen mitgeführt wurde. Besagte Monstranz wie auch weitere damalige Ausstellungsobjekte werden nun, 111 Jahre später, im Museum am Dom wieder vereint präsentiert.

Monstranz für den Gnadenaltar in der Basilika Mariazell
Adolf Otto Holub (Entwurf), Franz Halder, Wien (Ausführung), um 1912, Silber vergoldet, Edelsteine (Diamanten, Smaragde, Rubine, Saphire, Topase), Perlen

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Die Kunstströmung des Jugendstils charakterisiert sich durch eine stark an die Natur angelehnte, vegetabil-florale Formensprache, durch die Verwendung neuartiger Materialien sowie durch eine Ästhetik, die das Funktionale in den Vordergrund stellt. Gemeinsames Ziel der unterschiedlichen Jugendstil-Strömungen war die Überwindung der sich im 19. Jh. etablierten Kunst des Historismus, die als veraltet und nicht innovativ angesehen wurde.

Kelch zum Priesterjubiläum von Abt Stephan Rössler
Karl Holey (Entwurf), Franz Halder, Wien (Ausführung), 1916
Silber vergoldet, getrieben, ziseliert, Edelsteine und Schmelzbilder

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JUGENDSTIL IM KLÖSTERLICHEN UMFELD
Während sich die „offizielle" katholische Kirche mit dem Jugendstil schwertat, gab es im Wirkungsbereich verschiedener Klöster vielfach ein aufgeschlosseneres Milieu. Unabhängig(er) von allgemeinen Konventionen konnte die moderne Kunstströmung durch den Einsatz einzelner, kunstinteressierter Geistlicher Einzug in die Stifts- und Pfarrkirchen halten. Hervorzuheben ist in diesem Kontext das Augustiner Chorherrenstift Klosterneuburg, wo Propst Friedrich Piffl (1864-1932) und Wolfgang Pauker (1867-1950) sich sehr für die zeitgenössische Kunst einsetzten; die Nähe zu Wien begünstigte diese Bemühungen.

Auch im Bereich der Diözese St. Pölten gibt es mehrere Beispiele für am Jugendstil interessierte Ordensmänner: Im benediktinischen Umfeld ist der Seitenstettner Pater Roman Jacobs (1879-1946) zu nennen, der neben seiner Tätigkeit als Seelsorger auch künstlerisch tätig war und liturgische Geräte entwarf (vgl. den Bereich der „vasa sacra"). Im Stift Melk hat sich sogar ein eigenes Jugendstil-Zimmer erhalten, in dem neben Gemälden auch Möbel aus der Zeit um 1900 zu sehen sind. Ein besonderer Förderer der kirchlichen Kunst war der Abt des Zisterzienserstiftes Zwettl, Stephan Rössler (1842-1923). Er setzte zahlreiche, aus technischer Sicht äußerst zukunftsträchtige Baumaßnahmen um und war auch sehr kunstsinnig, unter ihm entstand im Jahr 1908 das neue Zwettler Kapitelkreuz von Ferdinand Andri.

Zwettler Kapitelkreuz
Ferdinand Andri (Entwurf), 1907-1908, Kupfer vergoldet, Emaille, Edelsteine; Stab aus Holz und Leder

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ERNST STÖHR UND FERDINAND ANDRI - ST. PÖLTEN UND DER JUGENDSTIL
St. Pölten ist mit dem Jugendstil sowohl durch seine Nähe zu Wien als auch durch den Umstand, dass die Künstler Ernst Stöhr (1860-1917) und Ferdinand Andri (1871-1956) zeitweise in der Stadt lebten, verbunden. Beide waren in der Wiener Secession tätig; Stöhr, der in seinen Werken auch religiöse Sujets verarbeitete, war sogar Gründungsmitglied und brachte den jüngeren Andri in die Künstlervereinigung. Dort arbeitete dieser etwa mit den Architekten Josef Plečnik an der Secessionsausstellung 1905 zusammen, die der sakralen Kunst gewidmet war.

Für die von Plečnik 1911-1913 gebaute Ottakringer Heilig Geist-Kirche fertigte Andri auch einige Altarentwürfe an, wovon einer schließlich in leicht abgewandelter Form umgesetzt wurde. Der Künstler schuf allerdings auch Plastiken, etwa Altarkreuze und -kerzenleuchter, die teilweise aus Holz geschnitzt und vergoldet, aber auch aus Bronze gegossen sind. Die Kreuze erinnern stark an das etwas später entworfene Zwettler Kapitelkreuz, die Ausdrucksformen vor allem der Leuchter sind typisch für das Werk Andris: Sie erwecken ein Gefühl organischen Wachstums und erinnern an Wellenbewegungen. Aber auch für andere liturgische Geräte haben sich Entwürfe Andris erhalten. Ernst Stöhr setzte sich dagegen vor allem als Maler mit religiösen Themen auseinander. Neben Gemälden, die sich mit dem Kreuzestod Christi beschäftigen, sticht besonders das Bild „Sehet, Jesu hat die Hand" heraus, das Zeitgenossen aus dem Melker Armenhaus unter den ausgebreiteten Armen Christi versammelt, wodurch das Heilsgeschehen vergegenwärtigt wird.

Kruzifix
Ferdinand Andri, 1900-1910, Holz, vergoldet

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KERZENLEUCHTER
Neben den liturgischen Geräten wie Kelche und Monstranzen, sind auch Kerzenleuchter ein fixer Bestandteil der Ausstattung in Kirchen und Kapellen. Bemerkenswert ist an den ausgestellten Objekten, wie unterschiedlich sie gestaltet sind, obwohl sie innerhalb weniger Jahre entstanden: Während die einen noch sehr dem Historismus verschrieben sind, orientieren sich andere Kerzenleuchter an den reduzierten, aber auch vegetabil-floralen Formen des Jugendstils.

Zwei der ausgestellten Leuchtergarnituren stammen aus dem Landesklinikum Mauer-Öhling, das 1898 bis 1902 nach Entwürfen von Carlo von Boog errichtet wurde. Während der Komplex in verschiedenen Aspekten die Architektur Otto Wagners vorwegnimmt, ist die Ausstattung der Kapelle (Leuchter, Messgarnitur) eher an den Historismus angelehnt. Gänzlich anders ist es dagegen bei der Aufbahrungshalle des Landesklinikums aus der selben Zeit stammend, offenbart sich hier der ungebrochene Jugendstil in seiner reduzierten Gestalt. Dabei findet sich das mit der Secession verbundene Motiv der Lorbeerblätter an der Wandgestaltung, den Weihwasserbecken sowie der hier ausgestellten Altargarnitur. Ebenfalls dem Jugendstil zuzuordnen, aber wiederum in einer ganz anderen Ausprägung, zeigen sich die Leuchter aus der Klosterneuburger Stiftspfarre Kierling. Sie wirken durch ihren glockenförmigen Schaft, die ornamentale Gestaltung der Messingoberfläche und den in Reihen angebrachten Türkisen besonders dekorativ.

Vier Kerzenleuchter
Othmar Jordan (Entwurf), 1909, Messing gegossen und gehämmert, Türkise

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Ausstattung der Aufbahrungshalle des Landesklinikums Mauer-Öhling
Ewig-Licht-Ampel & Altargarnitur, um 1900, Metall

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ALTAR IN DER KAPELLE DES LINZER PRIESTERSEMINARES
Die katholische Kirche betrachtete den Jugendstil eher kritisch, deshalb ist es umso erstaunlicher, dass gerade in einer kirchlichen Bildungseinrichtung ein Altarensemble in Jugendstilformen erhalten ist, wie dies der ehemalige Altar der Kapelle des Linzer Priesterseminares zeigt. Mit seiner Entstehung im Jahr 1934 ist er allerdings für den Jugendstil bereits äußerst spät einzuordnen.

Das Altarensemble ist eine interessante Verbindung zwischen den im Jahr 1934 bereits „veralteten" Jugendstil-Motiven, wie sie etwa am Tabernakel oder an den Leuchterengeln eindeutig zu sehen sind, und den damals zeitgenössischen Elementen, wie etwa am Kruzifix gut erkennbar ist. Gründe für die Wahl des Jugendstils sind vermutlich die zeitliche Komponente (1934 ist der Jugendstil nicht mehr die aktuellste Kunstströmung) sowie die ausschließlich private Finanzierung durch Regens Huber, die wohl einen gewissen Freiraum in der Wahl von Motiven und Künstlern ermöglichte.

Zum Altar gehören mehrere Antependien, die ebenso 1934 angekauft wurden. Zwei Antependien sind allerdings älter und stilistisch in die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts zu datieren. Sie stammen vermutlich vom Altar der Vorgänger-kapelle. Das in Rosatönen gehaltene Antependium zeigt sechsflügelige Seraphim und verschiedene eucharistische Motive. Das zweite (nicht ausgestellte) Antependium ist einem marianischen Thema gewidmet.

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Franziskus-Kelch - P. Roman Jacobs (Entwurf), Hummer, St. Valentin (Ausführung zugeschrieben), 1938
Silber gegossen und gehämmert, vergoldet, Halbedelsteine, Elfenbein
Passionskelch - P. Roman Jacobs (Entwurf), Hummer, St. Valentin (Ausführung zugeschrieben), 1938 Silber vergoldet, ziseliert, Elfenbein, Edelsteine
Kelch mit marianischem Programm- um 1905, Silber, Kuppa vergoldet
Kelch - P. Roman Jacobs OSB (Entwurf zugeschrieben), E. Heines, Osnabrück (Ausführung), 1922 Silber vergoldet, Ebenholz, Elfenbein, Lapislazuli, Amethyst, Achat

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Messgarnitur - Karl Troll und Johann Stoppel (Entwurf), Franz Pawlas, Wien (Ausführung), 1910/1914
Messing oder Kupferblech vergoldet, Stein- und Perlbesatz, teilweise Emaille-Verzierungen

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VASA SACRA UND LITURGISCHES GERÄT
In allen Kirchen werden zur Liturgie Kelche, Ziborien, Monstranzen, Messkännchen, Weihrauchfässchen, Taufgarnituren, Kreuze, Leuchter und noch einiges mehr verwendet. Aufgrund ihrer zentralen Stellung beim Gottesdienst sind diese Gegenstände meist aus kostbaren Materialien gefertigt und aufwändig verziert - dies gilt insbesondere für die sog. „vasa sacra" (heilige Gefäße), die während der Messfeier mit dem Allerheiligsten, also Brot und Wein, in Berührung kommen.

Die hier präsentierten Objekte zeigen den Facettenreichtum der künstlerischen Umsetzung des Jugendstils im Bereich des liturgischen Gerätes. Einige Kelche belegen etwa ein Experimentieren mit Materialien, so z. B. durch einen Schaft aus aufwändig geschnitzten Elfenbein-Figuren. Dabei ist auch eine stilistische Entwicklung von historistischen Bezügen, bis hin zur Verflechtung mit späteren Stilelementen erkennbar. Eine Monstranz nach Entwurf von Karl Troll und Johann Stoppel lässt gotisierende Bezüge am Knauf zu, während ihr netzartiger Strahlenkranz eine Neuerung darstellt. In der Anschaffung von liturgischem Gerät in zeitgenössischen Formen ist die Rolle der Stifte hervorzuheben: Das Augustiner Chorherrenstift Klosterneuburg war ein wichtiger Auftraggeber, wie an Objekten in einigen Stiftspfarren deutlich wird; im benediktinischen Umfeld können P. Roman Jacobs mehrere Kelche zugeschrieben werden. Das Zisterzienserstift Zwettl verfügt mit einem Vortragekreuz von Ferdinand Andri über ein besonders herausragendes Exemplar.

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Mehr als 100 Jahre nach der ersten österreichischen Ausstellung zum kirchlichen Jugendstil in Wien widmet sich das Museum am Dom dem Spannungsfeld zwischen traditioneller Kunstauffassung und aufgeschlossenem Zeitgeist. Die Ausstellung begibt sich auf Spurensuche, warum trotz widriger Bedingungen zahlreiche sakrale Kunstgegenstände im Jugendstil entstanden sind. Die Bandbreite reicht dabei von Altären über Kelche und Monstranzen bis hin zu liturgischen Gewändern. Bis dato noch nie präsentierte Objekte lassen vermuten, dass aufgeschlossene Geistliche und Auftraggeber dennoch - gemäß dem Wahlspruch der Secession - „der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit" ermöglichten.

Monstranz - Richard Jordan (Entwurf), K. Adler & Cie., Wien (Ausführung), um 1912, Metall, Emaille-Malerei, Steinbesatz

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Friedensmonstranz - Hans Schwathe, 1918 Silber vergoldet, Granate, Achatkugeln, Perlmutt

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LEOPOLD FORSTNER EIN „UNIVERSALGENIE" DES JUGENDSTILS
Einige secessionistisch geprägte Künstler werden aufgrund ihres facettenreichen Schaffenswerks oft als „Universalgenies" bezeichnet. Zu diesen zählt auch der gebürtige Oberösterreicher Leopold Forstner (1878-1936), der nicht nur einen beachtlichen beruflichen Werdegang vorweist, sondern auch mannigfaltige Objekte in unterschiedlichen Größendimensionen schuf.

Leopold Forstner erlernte in der Tiroler Glasmalerei und Mosaikanstalt das Handwerk des Glasers. Später wurde er Schüler Koloman Mosers an der Kunstgewerbeschule in Wien. 1908 gründete Forstner die Wiener Mosaikwerkstätte, in der er nicht nur eigene, sondern auch externe Entwürfe ausführte. Zu seinen wichtigsten Projekten zählen das Altarmosaik in der Kirche am Steinhof sowie die Glasfenster und Wandmosaike der Karl-Borromäus-Kirche am Wiener Zentralfriedhof.

Forstner agierte äußerst ideenreich, bediente sich neuer Techniken und „verschmolz" verschiedenartige Herstellungstechniken in seinen Objekten. Als besonders innovativ gilt seine „Plattentechnik", bei der die Mosaiksteine nicht einzeln, sondern auf vorgefertigten Platten angebracht, versetzt wurden. Dies trifft z. B. auf die Altarnische in der frühklassizistischen Pfarrkirche Linz-Ebelsberg zu, die auch in der Ausstellung für kirchliche Kunst (1912) zu sehen war. Neben dem Entwurf und der Ausführung zahlreicher Mosaike und (reliefartiger) „Glasgemälde" gestaltete Forstner unter anderem auch einzigartige liturgische Geräte.

Kreuzigung - Leopold Forstner, um 1920 Glas-Email-Mosaik-Relief

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DIE GLASMALEREI - VOM GEBRAUCHSMATERIAL ZUR SELBSTSTÄNDIGEN KUNSTGATTUNG
Bereits im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit trugen narrative Glasmalereien in der Sakralarchitektur zum theologischen Verständnis der christlichen Mythologie bzw. der Heilsgeschichte bei. Um 1900 wurden die Glasmalereien, entsprechend den Sakralbauten, überwiegend vom Stil des Historismus bestimmt, mancherorts trafen historistische auf jugendstilistische For-men. Der secessionistische Stil wurde eher von aufgeschlossenen privaten denn von geistlichen Auftraggebern beansprucht. Im figürlichen Bildprogramm nahm er jedoch allgemein nur selten Gestalt an.

Zu den wichtigsten Erzeugern von Glasmalereien um 1900 zählten die noch heute aktive Tiroler Glasmalerei und Mosaikarıstalt mit Hauptsitz in Innsbruck sowie die Glasmalerei-Werkstatt von Carl Geyling in Wien.
Als künstlerischer Leiter ab 1897 ebnete vor allem der gebürtige Engländer Bernard Rice (1874-1917) der secessionistischen Glasmalerei den Weg in den österreichischen Sakralbau. Seine Entwürfe veranschaulichen die Entwicklung einer zunächst historistischen bis zu einer jugendstilistischen Gestaltung religiöser Sujets. Den Höhepunkt von Rices sakralemSchaffenswerk bilden drei Entwürfe für das Fenster über dem Hauptportal der Kaiserjubiläumskirche in Brünn (Tschechien), wovon jener der hl. Elisabeth ausgeführt wurde.

In der Glasmalerei-Werkstatt Geyling erreichte der Jugendstil seinen Höhepunkt mit Remigius Geyling (1878-1974), dem Großneffen des Firmengründers Carl Geyling (1814-1880). Die erhaltenen Entwurfsskizzen und 1:1 Entwurfskartons (samt Ausführungen) belegen, dass stilistische Mischformen und rein secessionistische Aufträge keiner Chronologie folgten..

Fensterentwurf „Sankt Leopold" - Remigius Geyling, o. J. (um 1900) Bleistift, Kohle, Gouache auf Papier
Glasfenster „Sankt Leopold" - Remigius Geyling (Entwurf), Carl Geyling's Erben (Ausführung), o. J. (um 1900), Buntglasfenster

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„PROFANE" SAKRALKUNST
Auch Privatpersonen gaben Kunstobjekte mit sakraler Thematik in Auftrag. Im Gegensatz zu den geistlichen mussten die bürgerlichen und adeligen Auftraggeber keinen Tadel eines öffentlichen, konservativ gestimmten Publikums befürchten, waren es immerhin nur sie selbst, die die Objekte, zumeist Einzelstücke, tagtäglich bestaunen durften.

Die „Madonna als Himmelskönigin" des Malers Robert Freiherr von Doblhoff (1880-1960) vereint eine Vielzahl von secessionistischen Einflüssen wie die geometrisch angeordnete Bildkomposition, den vergoldeten Bildhintergrund sowie die „verschwimmende" Landschaft mit Ausarbeitung einzelner Blumen und Grashalme, die an Gustav Klimts Szenen der Atterseeregion erinnert. Mehrere klassische Attribute Mariens wie die weiße Taube (Friede), die weiße Lilie (Reinheit) und die Rosen (Liebe) „verflachen" das Gemälde noch mehr, weshalb es mehr graphisch, denn naturalistisch und religiös wirkt.

Der ausgestellte Hausaltar hingegen wirkt farblich viel zurückhaltender, in der Darstellung der Figurengruppe allerdings andächtiger. Die Madonna betet das Christuskind an, während die erhabene Himmelskönigin von Doblhoff das Christuskind zwar hält, ihr Fokus jedoch auf dem Bildbetrachter liegt.

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Die ehemalige Stiftsbibliothek wurde 1727 bis 1739 nach Konzept Propst Johann Michael Führers und Planung Jakob Prandtauers (nach dessen Tod 1726 von Joseph Munggenast fortgeführt) im domplatzseitigen Obergeschoß des Kreuzgangstraktes eingerichtet. Sie besteht aus zwei rechteckigen kreuzgratgewölbten Sälen, die durch einen kleinen, platzlgewölbten Mittelraum verbunden werden. An der reichen Ausstattung waren vermutlich die Stukkateure Christoph Kirschner, Johann und Anton Pöckh, die Maler Paul Troger, sein Schüler Johann Jakob Zeiller und Daniel Gran, der Bildhauer Peter Widerin und die Tischler Hippolyt und Peter Nallenburg beteiligt.

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Die nach der ursprünglichen Planung auf den Nordraum und den späteren Mittelraum beschränkte Bibliothek wurde 1734 mit dem Südraum erweitert und dabei mit der Beauftragung Paul Trogers für die (von ihm signierten) Gewölbefresken auch das inhaltliche Konzept modifiziert. War ursprünglich die Gegenüberstellung von göttlicher und irdischer Weisheit intendiert, wurde dies im Sinne eines Vier Fakultäten-Programmes erweitert. In den von vergoldeten Stukkaturen umgebenen Gewölbefeldern des Nordraumes sind die Theologie und die Philosophie dargestellt. Sie werden personifiziert durch den verzückt in das göttliche Licht blickenden Apostel Paulus (signiert P.Troger f.) und den von Paulus bekehrten ersten christlichen Philosophen, den hl. Dionysius Areopagita, der die beim Tode Christi auftretende Sonnenfinsternis betrachtet und deutet (signiert P.T. f.).

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In den zugehörigen Halbmedaillons präsentieren Engel und Putten die Attribute der Heiligen. Im Südraum illustriert die Heilung des blinden Tobit durch seinen Sohn Tobias die Medizin. Tobias bestreicht die Augen des blinden Vaters mit Fischgalle, wodurch dieser wieder sehend wird. Die Szene mit dem Zinsgroschen repräsentiert die Rechtswissenschaft (signiert P. Troger fe. a. 1734). Bezüglich der von einem Pharisäer gezeigten Steuermünze spricht Christus mit nach oben weisender Geste die entscheidenden Worte: „So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist."

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Einblick in die Bibliothek des ehemaligen Augustiner-Chorherrenstiftes St. Pölten

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Stellt Troger die vier Fakultäten durch biblische Szenen dar, ist die übrige Ausstattung von der Gegenüberstellung göttlicher Erkenntnis und profaner Gelehrsamkeit charakterisiert. So sind an den Fenstergewänden vergoldete Porträtbüsten von Theologen und antiken Philosophen appliziert. Das Programm der plastischen und ornamentalen Ausstattung ist von diesem Dualismus bestimmt: die Reliefs der Türbekrönungen, die Aufsätze der - mit dem Monogramm Propst Führers und den Jahreszahlen 1727 und 1739 bezeichneten - intarsierten Bücherschränke.

 Museum am Dom St. Pölten, Juni 2023

 Museum am Dom St. Pölten, Juni 2023

Im Zentrum des Nordraumes wird dem ersten Bibelvers und dem flammenden Auge Gottes die strahlende Sonne gegenüber gestellt; über den Türen des Nordraumes thront als Symbol der göttlichen Weisheit die Taube des Hl. Geistes (Lux in tenebris), gegenüber als Symbol profaner Gelehrsamkeit die Eule am Nachthimmel (Tenebrae in luce). Dem entsprechen im Südraum die Reliefs des seine Jungen mit dem eigenen Blut nährende Pelikans und des bekrönten Doppeladlers mit Zepter und Schwert. Zur Verdeutlichung des universalen Anspruchs des hier verwahrten Wissens sind an den Türen der Bücherschränke Rosetten mit den Buchstaben des Alphabets und die Tierkreiszeichen angebracht. Die plastischen Gruppen darüber symbolisieren wiederum die Dimensionen göttlicher und profaner Wissenschaft.

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Auffallend ist der unterschiedliche Grad der Fertigstellung. Ist im Nordraum der plastische und ornamentale Dekor vollständig und vergoldet, so ist die Ausstattung im Südraum nicht zu Ende geführt und im fragmentarischen Zustand belassen. Grund dafür ist die abrupte Einstellung der Ausstattungsarbeiten im Jahr 1739. Sie resultiert aus der enormen finanziellen Überlastung und der darauf folgenden Absetzung des Propstes. Dieser plötzliche Abbruch der Arbeiten ist - neben der unfertigen und nicht vergoldeten plastischen Ausstattung - an den nur partiell ausgeführten Vergoldungen der Schrankgitter anschaulich ablesbar.

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Über dem Doppelfenster des Mittelraumes sind das Stiftswappen sowie Insignien und das Monogramm des Propstes Führer stuckiert; die vier Büsten über den schwarzgebeizten Bücherkästen repräsentieren die vier Weltalter und stammen von der ersten Einrichtungsphase. Später, 1746, wurde die Ausstattung des Mittelraumes mit dem Gewölbefresko Daniel Grans beendet. Es stellt eine auf dem Dekalog basierende Allegorie der Weisheit dar und ist Initium sapientiae timor Domini („Der Beginn der Weisheit ist die Furcht vor Gott, dem Herrn".) bezeichnet.

 Museum am Dom St. Pölten, Juni 2023

 Museum am Dom St. Pölten, Juni 2023

Das Museum am Dom befindet sich im ersten Stock des Kreuzganges des 1784 aufgelassenen Augustiner-Chorherrenstiftes St. Pölten. Die ehemalige Stiftsbibliothek, die in den 1720er und 1730er Jahren unter anderem von Paul Troger ausgestattet wurde, ist Teil des Museums. Ebenfalls zum Museum gehört die Bibliothek des ersten St. Pöltner Bischofs, Johann Heinrich von Kerens, die aus dem 18. Jahrhundert stammt und mit der Gründung der Diözese 1785 von Wiener Neustadt nach St. Pölten gebracht wurde.

 Museum am Dom St. Pölten, Juni 2023

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KUNSTHANDWERK
Eine der großen Forderungen des Jugendstils war die Stärkung des Kunsthandwerkes - im sakralen Bereich wurde besonders historistische Massenware, die über Kataloge bestellt werden konnte, kritisiert. In diesem Ausstellungsbereich sind verschiedenste Objekte des frühen 20. Jahrhunderts versammelt, die entweder selbst von den Künstlern geschaffen oder durch Werkstätten in hochwertiger Form ausgeführt wurden.
Ein wie Andri mit Metall arbeitender Künstler war Georg Klimt, der für seinen berühmten Bruder Gustav viele Aufträge in diesem Material ausführte. Von ihm stammen auch die mit Messing beschlagenen Türen eines Tabernakels aus der Pfarre St. Pölten-Wagram, die 1929 datiert sind. Obwohl schon deutlich nach der Hochzeit des Jugendstils angefertigt, finden sich die dekorativen Spiralmustern, die für den Secessionsstil so typisch sind.

Nicht jeder Künstler konnte seine Entwürfe selbst ausführen: So etwa Otto Wagner, der mit seiner Kirche am Steinhof ein Gesamtkunstwerk schuf sogar die Blumengefäße am Hochaltar wurden von ihm entworfen. Ausgeführt wurden sie 1907 von der Firma D. Hollenbach's Neffen Ed. & F. Richter. Die Zusammenarbeit von Künstlern als Entwerfer und auf Kunsthandwerk spezialisierte Werkstätten als Ausführende war auch international häufig anzutreffen: Als Beispiele dafür sind ein Altarkreuz (entworfen von Charles R. Ashbee) und ein Messkelch ausgestellt, die um 1905 von der Guild of Handicraft bzw. der Artificers Guild, beide London, hergestellt wurden.

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Tabernakel-Aufsatz für ein Heiliges Grab
Georg Klimt (Metallarbeiten), 1929 Messing, Holz, Textil

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 Museum am Dom St. Pölten, Juni 2023

Der Sammlungsbestand des Museum am Dom ist sehr heterogen, Schwerpunkt ist aber die kirchliche Kunst in all ihren Ausprägungen. Grundstock des Museums bildet die Sammlungstätigkeit des Museumsgründers Johannes Fahrngruber, der einerseits viele Objekte von seinen Reisen nach St. Pölten brachte, andererseits zahlreiche Kunstgegenstände aus den Pfarren der Diözese zusammentrug. Im 20. Jahrhundert wurde die Sammlung kontinuierlich erweitert, teils auch durch Ankäufe. Das Museum dokumentiert das gesamte kirchliche Kunstschaffen: Von Gemälden und Skulpturen über Altäre bis hin zu liturgischen Gefäßen und Textilien. Neben zahlreichen gotischen Figuren liegt ein Schwerpunkt auch auf der Barockkunst.

 Museum am Dom St. Pölten, Juni 2023

 Museum am Dom St. Pölten, Juni 2023

Das Museum am Dom besitzt einen besonders wertvollen Bestand an liturgischen Textilien, sogenannten Paramenten, darunter auch die mit 14 Lederkaseln größte bekannte Sammlung an Lederkaseln. 2006 wurde dem Museum die Kunstsammlung der Congregatio Jesu St. Pölten (vormals „Englische Fräulein“) als Dauerleihgabe übergeben, zu denen neben anderen Objekten auch viele bedeutende barocke Paramente zählen.

 Museum am Dom St. Pölten, Juni 2023

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JUGENDSTIL IN KLOSTERNEUBURG
Das Stift Klosterneuburg war für den Jugendstil ein guter Nährboden: Sowohl im Kloster als auch in den zugehörigen Stiftspfarren haben sich hochkarätige Werke dieser Kunstströmung erhalten. Einige solcher Objekte aus den Pfarren Donaufeld, Weidling oder Kierling finden sich auch in dieser Ausstellung wieder. Ein ganz besonderes Meisterwerk seiner Zeit ist der sogenannte Marienornat, der 1911 fertiggestellt wurde.

Zur Schaffung eines Marienornates ließ Propst Friedrich Piffl (1907-1913 Propst in Klosterneuburg, 1913-1932 Wiener Erzbischof) 1910 einen Wettbewerb ausschreiben, der an die k. u. k. Kunstgewerbeschule (heute Universität für angewandte Kunst) gerichtet war. Der Bozener Student Anton Hofer, ein Schüler Koloman Mosers, trug den Sieg davon; ausgeführt wurde der Marienornat von der Stickereiklasse der Kunstgewerbeschule. Das Werk wurde damals allseits gelobt: Es passte sich den Anforderungen an, integrierte aber auch die modernen Jugendstil-Formen. Der Ornat lebt vom Gegensatz zwischen Flächen, die nur mit Streumustern besetzt, und Teilen, die dicht ornamentiert sind, wie auch die erhaltenen Entwürfe verdeutlichen. Anlässlich des 25jährigen Priesterjubliäums von Propst Piffl entwarf Hofer 1912 zudem einen prächtigen Messbuch-Einband. Um 1914 schuf die Kunstgewerbeschule mit einem Fastenbehang ein weiteres Jugendstil-Parament für das Stift, das jedoch durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges und dem einhergehenden Geldmangel nur zu einem Teil ausgeführt wurde.

Grünes Pluviale, um 1900, Oberstoff Seidendamast, mit Baumwoll-Satin gefüttert, Borte und Kappa bestickter Seidenköper
Weiße Kasel, um 1900, Gewebe restauriert 2. Hälfte 20. Jh. Oberstoff: Jacquardgewebe, Futterstoff: Viskose, Motive aus Seide und Goldfäden in verschiedenen Sticktechniken

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Goldener Ornat - Josef Brandstätter (Entwurf), um 1930, Oberstoff Seidengewebe mit Rautenmuster aus Goldfäden, mit Satingewebe aus Viskose gefüttert; Stickerei auf blauen Köper

 Museum am Dom St. Pölten, Juni 2023

PARAMENTE ALS TEIL DES KIRCHLICHEN „GESAMTKUNSTWERKS"
Als Paramente (lat.: parare mensam = den Tisch vorbereiten) werden sämtliche Textilien im liturgischen Bereich bezeichnet. Hierzu zählen unter anderem Messkleider, Velen, Antependien und Fahnen. Die Anfertigung solch kostbar bestickter Stoffe lag seit alters her in Frauenhand. Zu den wichtigsten Paramentenwerkstätten in Ostösterreich zählten Frauenorden wie die Schwestern des göttlichen Heilands (heute: Erlösers) in Wien und das Annunziata-Kloster in Maria Anzbach (NÖ). Eine weitere wichtige Institution für die Anfertigung (secessionistischer) Paramente war die Zentrallehranstalt für Frauengewerbe in Wien.

Neben der institutionalisierten Krankenpflege etablierten die Schwestern des Göttlichen Heilands das sogenannte „Stickzimmer", in welchem kostbare Paramente, meist nach Entwurf namhafter Wiener Künstler (und Architekten) wie Otto Wagner, Hans Prutscher und Adolf Otto Holub durch ausgebildete Schneiderinnen aus den eigenen Reihen angefertigt wurden.

Im Ordensarchiv sind zahlreiche Ornamentmuster sowie maltechnisch ausgeführte Entwürfe erhalten, die von den Schwestern selbst stammen. Die ausgeführten Paramente hielten unter anderem Einzug in die bedeutendsten (secessionistischen) Sakralbauten Österreichs, wie etwa der Kirche am Steinhof, und wurden auch beim Internationalen Eucharistischen Weltkongress (1912) gezeigt. Eines der Ornamentmuster mit ägyptischem Blumenmotiv stammt aus der Zeit um 1900 und wurde unter anderem an einem grünen Pluviale angewandt. Die figürlichen Darstellungen der Paramente aus den 1930er Jahren nach Entwurf von Josef Brandstätter sind interessanterweise ein retardierendes Element, das sich an der Beuroner Schule orientiert.

Pontifikalschuhe - Wiener Werkstätte (Entwurf und Ausführung?), 1910-1915, Seide mit Metallfäden in Legetechnik bestickt

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Klosterneuburger Marienornat Dalmatik und Mitra
Anton Hofer (Entwurf), 1911, Seide, Goldstickerei, Metall- und Perlmuttauflagen

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DAS HEILIGE GRAB DER PFARRE DROSENDORF - AN DER SCHWELLE ZUM JUGENDSTIL
Im Jahr 1881 erwarb der Drosendorfer Pfarrer Greger ein „Heiliges Grab" bei der Firma Zbitek. Die in der Nähe von Olmütz (heute Tschechien) ansässige Firma war auf Arbeiten mit bunten Glassteinen, sogenannten „Gablonzer Steinen", spezialisiert und integrierte sie in aufwändige Aufbauten. Glasmosaike sollten im Jugendstil wenige Jahre später eine besondere Bedeutung erlangen - das Drosendorfer Heilige Grab ist somit stilistisch einer frühen Form des Jugendstils zuzuordnen.

Das Heilige Grab aus der Waldviertler Pfarrkirche Drosendorf besteht aus einer Grabnische, in der sich der Grabchristus befindet. Über dem Grab ist die Bundeslade dargestellt, darüber zentral ein Kreuz, das jeweils von einem adorierenden Engel flankiert wird. Die gesamte Gestaltung ist geprägt von der Buntfarbigkeit der Glassteine, die ursprünglich von Petroleumlampen und später elektrisch beleuchtet wurden. Weitere Heilige Gräber der Firma Zbitek haben sich in Kapelln (NÖ), Ernstbrunn (NÖ), Mondsee (OÖ) und Iffeldorf (Bayern) erhalten.

Die Tradition der Heiligen Gräber geht auf das Mittelalter zurück. Einen großen Aufschwung erlebten die Gräber in der Barockzeit, wo sie häufig zu üppigen Theaterkulissen ausgebaut wurden. Bis heute werden Heilige Gräber in vielen Pfarrkirchen an den Kartagen aufgebaut und sind damit ein wesentlicher Bestandteil der Vorbereitung auf Ostern, des wichtigsten Festes des Christentums.

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Die Ausstellung „Sakraler Jugendstil" rückt das kirchliche Kunstschaffen der Zeit um 1900 im österreichischen Raum in den Fokus. Zahlreiche Leihgaben aus Pfarrkirchen und Klöstern unterstreichen die Bedeutung, die der Jugendstil - trotz überwiegender Ablehnung der kirchlichen Obrigkeiten - auch im sakralen Bereich gespielt hat. Nicht zuletzt die Nähe zu Wien, wo 1897 die Künstlervereinigung „Secession" gegründet wurde, führte dazu, dass vor allem in Ostösterreich religiöse Objekte im neuen Kunststil entstanden. Die Stadt St. Pölten, Wohnort mehrerer Secessions-Mitglieder, ist bis heute eng mit dem Jugendstil verbunden.

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Der Dom zu St. Pölten ist eine Domkirche und seit 1785 die Kathedrale der Diözese St. Pölten. Bis zur Auflösung des St. Pöltner Augustiner-Chorherren-Stifts im Jahr 1784 war er dessen Klosterkirche. Die Dom- und Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt gehört zum Dekanat St. Pölten. Das Gebäude erscheint trotz gut erhaltenen spätromanischen Kern als Barockbauwerk und steht unter Denkmalschutz.

 Museum am Dom St. Pölten, Juni 2023

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Das heutige Bild des Doms entstand im 17. Jahrhundert. Nach einem Brand 1621 wurde das heutige Bistumsgebäude im Frühbarock gestaltet. Den letzten Höhepunkt in der Baugeschichte erlebte das damalige Kloster unter Propst Johann Michel Führer. Er war von der hochbarocken Pracht benachbarter Residenzen wie des Stifts Melk begeistert und fand in dem in der Stadt lebenden Jakob Prandtauer einen gleichgesinnten Partner. Der geplante Umbau sollte die Bistumsgebäude um ein zweites Stockwerk erweitern und die Außenansicht der Kirche sollte eine Dreiturmpartie (ähnlich wie beim Stift Seitenstetten) mit dem bestehenden Turm als Zentrum werden. Dieser Plan konnte nicht ganz umgesetzt werden, vor allem weil sich Führer finanziell übernahm und das Stift nahezu bankrott war, als er 1739 zurücktrat. Neben der großzügigen Neugestaltung des gesamten Innenraums, vor allem durch Daniel Gran und Bartolomeo Altomonte, wurde nur der Turm erhöht und mit einer neuen Kuppel versehen.

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1784 wurde das Stift durch Joseph II. aufgelassen. Am 28. Jänner im Jahr darauf wurde aufgrund der von Pius VI. erlassenen päpstlichen Bulle Inter plurimas das Gebäude Bischofssitz (Kathedrale) der neu gegründeten Diözese St. Pölten.

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Das Innere der Kirche wurde durch Jakob Prandtauer, Joseph Munggenast, Daniel Gran und Bartolomeo Altomonte barockisiert. Die Deckenfresken gestaltete teilweise Thomas Friedrich Gedon.

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Die Orgel ist das Opus 444 der Schweizer Firma Metzler Orgelbau aus dem Jahre 1973 mit 36 Registern auf 3 Manualen und Pedal. Der Prospekt stammt von der ursprünglichen, von Johann Ignaz Egedacher errichteten Orgel aus dem Jahr 1722. Hauptwerk und Positiv befinden sich im als Rückpositiv erscheinendem Gehäuse. Für das Schwellwerk entstand ein neues Gehäuse an der Emporenrückwand, die Pedalregister stehen in den beiden Seitentürmen.

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Der prunkvolle Hochaltar entstand im Zuge der Barockisierung des Domes ab 1722 durch Jakob Prandtauer. Das Altarbild zeigt „Mariae Himmelfahrt“ und wurde 1658 von Tobias Pock gemalt.

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St. Pölten darf mit Fug und Recht als geschichtsträchtiger Ort bezeichnet werden. Das gilt bereits für die spätrömische Zeit, als hier der Heilige Florian lebte, aber auch für das Frühmittelalter, als mit der Errichtung des ehemaligen Augustiner Chorherrenstiftes St. Pölten das älteste Kloster in Niederösterreich entstand. Bei seiner Aufhebung durch Kaiser Josef II. im Jahre 1784 konnte es auf eine bereits 1000-jährige Geschichte zurückblicken. Das damals neu errichtete Bistum hat mit der Übernahme der Klosterkirche (nunmehr Domkirche) und des ehemaligen Stiftsgebäudes mit seinem beeindruckenden Inventar auch ein großes kulturelles Erbe angetreten, das bis heute gepflegt und erhalten wird.

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Die Domkirche entstand im 11. bzw. 12. Jahrhundert. Einen Eindruck von ihrem ursprünglichen spätromanischen bzw. frühgotischen Aussehen vermittelt noch heute die sogenannte Rosenkranzkapelle im südöstlichen Bereich, die Mitte des 17. Jahrhunderts abgemauert und einer Bruderschaft zur Verfügung gestellt wurde. Aus diesem Grund wurde dieser Raum bei der umfangreichen Barockisierung in den Jahren 1715-1739 nicht berücksichtigt. An der barocken Umgestaltung der damaligen Stiftskirche waren die führenden Künstler jener Zeit tätig: Jakob Prandtauer und später Josef Munggenast zeichneten für die Bauvorhaben verantwortlich, die malerische Ausstattung stammt im Wesentlichen von Daniel Gran (Seitenaltarbilder) und Thomas Friedrich Gedon (Deckenfresken, Hochwandbilder).

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Wie zahlreiche andere Kirchen, hat auch die St. Pöltner Domkirche mehrere Patroziniumswechsel erlebt. Seit dem Spätmittelalter ist die Kirche der Mariä Himmelfahrt geweiht. Dieses Thema ist auf dem Hochaltarbild (aus dem Jahr 1685) von Tobias Pock eindrucksvoll dargestellt. Anstatt des früheren Tabernakels auf dem Altar wurde bei der Restaurierung zu Beginn der 80er-Jahre ein Reliquienschaugefäß aufgestellt, wo die Kopfreliquien des Heiligen Hippolyt aufbewahrt werden.

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Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag, kann sich gerne dieses Video antun: