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Das Museum am Dom befindet
sich in den Räumen des ehemaligen Augustiner-Chorherrenstiftes St.
Pölten. 2023 steht ganz im Zeichen des Jugendstils: Erstmals in
Österreich werden herausragende Exponate aus dem sakralen Bereich
präsentiert. Obwohl der Jugendstil zunächst eine weltliche
„Modeströmung“ war, hinterließ er auch im kirchlichen Umfeld seine
Spuren.
Das Museum am St. Pöltner Domplatz ist direkt neben dem Dom zu St. Pölten.

Das Museum am Dom St. Pölten (bis 2020 Diözesanmuseum St. Pölten) ist
das Museum der Diözese St. Pölten. Es wurde im Jahr 1888 gegründet und
ist das älteste diözesane Museum Österreichs. Das Museum befindet sich
am St. Pöltner Domplatz in den barocken Räumlichkeiten des ehemaligen
Augustiner-Chorherrenstiftes St. Pölten. Die Museumssammlung umfasst
kirchliche Kunst aller Epochen und Gattungen.

SAKRALER JUGENDSTIL
Die Kunstströmung des Jugendstils erlebte ihren Höhepunkt an der Wende
vom 19. zum 20. Jahrhundert und charakterisiert sich durch eine stark
an der Natur angelehnte, vegetabil-florale Formensprache, durch die
Verwendung neuartiger Materialien sowie durch eine Ästhetik, die das
Funktionale in den Vordergrund stellt. Gemeinsames Ziel der
unterschiedlichen Jugendstil-Strömungen war die Überwindung der sich im
19. Jahrhundert etablierten Kunst des Historismus, die als veraltet und
nicht innovativ angesehen wurde. Der Historismus aber hatte vor allem
in der kirchlichen Kunst einen großen Aufschwung erlebt der Jugendstil
hingegen wurde innerkirchlich kritisch betrachtet.
In diesem Spannungsfeld zwischen traditioneller Kunstauffassung und
aufgeschlossenern Zeitgeist entstanden um 1900 dennoch zahlreiche
sakrale Kunstgegenstände, die die gesamle Bandbreite von kirchlichen
Erfordernissen abdecken: von Altären über Kelche und Monstranzen bis
hin zu liturgischen Gewändern. 1897 wurde die Wiener Secession
gegründet, die für die moderne Kunst in Österreich wegweisend wurde.
Viele der in dieser Vereinigung aktiven Künstler waren auch im
kirchlichen Bereich tätig. Die Stadt St. Pölten, Wohnort mehrerer
Secessions-Mitglieder, ist bis heute eng mit den Jugendstil verbunden.
Die Ausstellung im Museum am Dom rückt erstmals seit über 100 Jahren
den sakralen Bereich des österreichischen Jugendstils in den Fokus und
zeigt, dass aufgeschlossene Geistliche und Auftraggeber auch im
kirchlichen Kunstschaffen dennoch gemäß dem Wahlspruch der Secession -
„der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit" ermöglichten.

Kelch - Leopold Forstner (Entwurf), Franz Halder, Wien (Ausführung), um 1911
Silber vergoldet, Emaille, Malachit, Lapislazuli
Messkännchen - Leopold Forstner
(Entwurf zugeschrieben), Franz Halder und J. und L. Lobmeyr, Wien
(Ausführung zugeschrieben), um 1912 Metall versilbert, Glas, Lapislazuli
Ziborium - Leopold Forstner (Entwurf), Franz Halder, Wien (Ausführung), 1912
Silber vergoldet, Emaille, Lapislazuli, Malachit

DIE AUSSTELLUNG FÜR KIRCHLICHE KUNST (1912)
Von 12. bis 15. September 1912 tagte der „Internationale Eucharistische Weltkongress" in Wien.
Tausende Menschen strömten in die Donaumetropole, um an der von
Kardinal Nagl (1855-1913) initiierten spirituellen Veranstaltung
teilzunehmen. Die Feierlichkeiten kulminierten in einer stattlichen
Schlussprozession entlang der Wiener Ringstraße. Begleitet wurde der
Kongress von der mehrmonatig veranstalteten „Ausstellung für kirchliche
Kunst", die eine große Fülle an secessionistisch geprägten Objekten
präsentierte und als die wichtigste Ausstellung mit Schwerpunkt
„Sakraler Jugendstil" gilt.
Die Ausstellung wurde vom Museum für Kunst und Industrie, dem heutigen
Museum für angewandte Kunst, veranstaltet. Sie diente vor allem dazu,
die Kunstfertigkeit „heimischer" Künstler aus Österreich und den
Kronländern zu veranschaulichen. Anders als die „24. Ausstellung der
Secession" (1905), wurden in der Ausstellung für kirchliche Kunst nicht
nur vereinzelte, sondern sämtliche zum Kircheninventar gehörige Objekte
präsentiert. Dies reichte vom Messpult über liturgische Geräte,
Paramente, bis hin zu Mobiliar und Teilen architektonischer Ausstattung
wie Glasfenster samt Skizzen und Entwurfskartons.
Die größten „Ausstellungsobjekte" bildeten künstlerisch gestaltete
Apsiden, die nach Ausstellungsende in die Raumschale der dafür
vorgesehenen Pfarrkirchen integriert wurden. Eines der bedeutendsten
Ausstellungsobjekte war die für den Mariazeller Gnadenaltar
angefertigte Monstranz, die während der Schlussprozession des
Eucharistischen Weltkongresses in einem Prunkwagen mitgeführt wurde.
Besagte Monstranz wie auch weitere damalige Ausstellungsobjekte werden
nun, 111 Jahre später, im Museum am Dom wieder vereint präsentiert.
Monstranz für den Gnadenaltar in der Basilika Mariazell
Adolf Otto Holub (Entwurf), Franz Halder, Wien (Ausführung), um 1912,
Silber vergoldet, Edelsteine (Diamanten, Smaragde, Rubine, Saphire,
Topase), Perlen

Die Kunstströmung des Jugendstils charakterisiert sich durch eine stark
an die Natur angelehnte, vegetabil-florale Formensprache, durch die
Verwendung neuartiger Materialien sowie durch eine Ästhetik, die das
Funktionale in den Vordergrund stellt. Gemeinsames Ziel der
unterschiedlichen Jugendstil-Strömungen war die Überwindung der sich im
19. Jh. etablierten Kunst des Historismus, die als veraltet und nicht
innovativ angesehen wurde.
Kelch zum Priesterjubiläum von Abt Stephan Rössler
Karl Holey (Entwurf), Franz Halder, Wien (Ausführung), 1916
Silber vergoldet, getrieben, ziseliert, Edelsteine und Schmelzbilder

JUGENDSTIL IM KLÖSTERLICHEN UMFELD
Während sich die „offizielle" katholische Kirche mit dem Jugendstil
schwertat, gab es im Wirkungsbereich verschiedener Klöster vielfach ein
aufgeschlosseneres Milieu. Unabhängig(er) von allgemeinen Konventionen
konnte die moderne Kunstströmung durch den Einsatz einzelner,
kunstinteressierter Geistlicher Einzug in die Stifts- und Pfarrkirchen
halten. Hervorzuheben ist in diesem Kontext das Augustiner
Chorherrenstift Klosterneuburg, wo Propst Friedrich Piffl (1864-1932)
und Wolfgang Pauker (1867-1950) sich sehr für die zeitgenössische Kunst
einsetzten; die Nähe zu Wien begünstigte diese Bemühungen.
Auch im Bereich der Diözese St. Pölten gibt es mehrere Beispiele für am
Jugendstil interessierte Ordensmänner: Im benediktinischen Umfeld ist
der Seitenstettner Pater Roman Jacobs (1879-1946) zu nennen, der neben
seiner Tätigkeit als Seelsorger auch künstlerisch tätig war und
liturgische Geräte entwarf (vgl. den Bereich der „vasa sacra"). Im
Stift Melk hat sich sogar ein eigenes Jugendstil-Zimmer erhalten, in
dem neben Gemälden auch Möbel aus der Zeit um 1900 zu sehen sind. Ein
besonderer Förderer der kirchlichen Kunst war der Abt des
Zisterzienserstiftes Zwettl, Stephan Rössler (1842-1923). Er setzte
zahlreiche, aus technischer Sicht äußerst zukunftsträchtige
Baumaßnahmen um und war auch sehr kunstsinnig, unter ihm entstand im
Jahr 1908 das neue Zwettler Kapitelkreuz von Ferdinand Andri.
Zwettler Kapitelkreuz
Ferdinand Andri (Entwurf), 1907-1908, Kupfer vergoldet, Emaille, Edelsteine; Stab aus Holz und Leder

ERNST STÖHR UND FERDINAND ANDRI - ST. PÖLTEN UND DER JUGENDSTIL
St. Pölten ist mit dem Jugendstil sowohl durch seine Nähe zu Wien als
auch durch den Umstand, dass die Künstler Ernst Stöhr (1860-1917) und
Ferdinand Andri (1871-1956) zeitweise in der Stadt lebten, verbunden.
Beide waren in der Wiener Secession tätig; Stöhr, der in seinen Werken
auch religiöse Sujets verarbeitete, war sogar Gründungsmitglied und
brachte den jüngeren Andri in die Künstlervereinigung. Dort arbeitete
dieser etwa mit den Architekten Josef Plečnik an der
Secessionsausstellung 1905 zusammen, die der sakralen Kunst gewidmet
war.
Für die von Plečnik 1911-1913 gebaute Ottakringer Heilig Geist-Kirche
fertigte Andri auch einige Altarentwürfe an, wovon einer schließlich in
leicht abgewandelter Form umgesetzt wurde. Der Künstler schuf
allerdings auch Plastiken, etwa Altarkreuze und -kerzenleuchter, die
teilweise aus Holz geschnitzt und vergoldet, aber auch aus Bronze
gegossen sind. Die Kreuze erinnern stark an das etwas später entworfene
Zwettler Kapitelkreuz, die Ausdrucksformen vor allem der Leuchter sind
typisch für das Werk Andris: Sie erwecken ein Gefühl organischen
Wachstums und erinnern an Wellenbewegungen. Aber auch für andere
liturgische Geräte haben sich Entwürfe Andris erhalten. Ernst Stöhr
setzte sich dagegen vor allem als Maler mit religiösen Themen
auseinander. Neben Gemälden, die sich mit dem Kreuzestod Christi
beschäftigen, sticht besonders das Bild „Sehet, Jesu hat die Hand"
heraus, das Zeitgenossen aus dem Melker Armenhaus unter den
ausgebreiteten Armen Christi versammelt, wodurch das Heilsgeschehen
vergegenwärtigt wird.
Kruzifix
Ferdinand Andri, 1900-1910, Holz, vergoldet

KERZENLEUCHTER
Neben den liturgischen Geräten wie Kelche und Monstranzen, sind auch
Kerzenleuchter ein fixer Bestandteil der Ausstattung in Kirchen und
Kapellen. Bemerkenswert ist an den ausgestellten Objekten, wie
unterschiedlich sie gestaltet sind, obwohl sie innerhalb weniger Jahre
entstanden: Während die einen noch sehr dem Historismus verschrieben
sind, orientieren sich andere Kerzenleuchter an den reduzierten, aber
auch vegetabil-floralen Formen des Jugendstils.
Zwei der ausgestellten Leuchtergarnituren stammen aus dem
Landesklinikum Mauer-Öhling, das 1898 bis 1902 nach Entwürfen von Carlo
von Boog errichtet wurde. Während der Komplex in verschiedenen Aspekten
die Architektur Otto Wagners vorwegnimmt, ist die Ausstattung der
Kapelle (Leuchter, Messgarnitur) eher an den Historismus angelehnt.
Gänzlich anders ist es dagegen bei der Aufbahrungshalle des
Landesklinikums aus der selben Zeit stammend, offenbart sich hier der
ungebrochene Jugendstil in seiner reduzierten Gestalt. Dabei findet
sich das mit der Secession verbundene Motiv der Lorbeerblätter an der
Wandgestaltung, den Weihwasserbecken sowie der hier ausgestellten
Altargarnitur. Ebenfalls dem Jugendstil zuzuordnen, aber wiederum in
einer ganz anderen Ausprägung, zeigen sich die Leuchter aus der
Klosterneuburger Stiftspfarre Kierling. Sie wirken durch ihren
glockenförmigen Schaft, die ornamentale Gestaltung der
Messingoberfläche und den in Reihen angebrachten Türkisen besonders
dekorativ.
Vier Kerzenleuchter
Othmar Jordan (Entwurf), 1909, Messing gegossen und gehämmert, Türkise

Ausstattung der Aufbahrungshalle des Landesklinikums Mauer-Öhling
Ewig-Licht-Ampel & Altargarnitur, um 1900, Metall

ALTAR IN DER KAPELLE DES LINZER PRIESTERSEMINARES
Die katholische Kirche betrachtete den Jugendstil eher kritisch,
deshalb ist es umso erstaunlicher, dass gerade in einer kirchlichen
Bildungseinrichtung ein Altarensemble in Jugendstilformen erhalten ist,
wie dies der ehemalige Altar der Kapelle des Linzer Priesterseminares
zeigt. Mit seiner Entstehung im Jahr 1934 ist er allerdings für den
Jugendstil bereits äußerst spät einzuordnen.
Das Altarensemble ist eine interessante Verbindung zwischen den im Jahr
1934 bereits „veralteten" Jugendstil-Motiven, wie sie etwa am
Tabernakel oder an den Leuchterengeln eindeutig zu sehen sind, und den
damals zeitgenössischen Elementen, wie etwa am Kruzifix gut erkennbar
ist. Gründe für die Wahl des Jugendstils sind vermutlich die zeitliche
Komponente (1934 ist der Jugendstil nicht mehr die aktuellste
Kunstströmung) sowie die ausschließlich private Finanzierung durch
Regens Huber, die wohl einen gewissen Freiraum in der Wahl von Motiven
und Künstlern ermöglichte.
Zum Altar gehören mehrere Antependien, die ebenso 1934 angekauft
wurden. Zwei Antependien sind allerdings älter und stilistisch in die
ersten Jahre des 20. Jahrhunderts zu datieren. Sie stammen vermutlich
vom Altar der Vorgänger-kapelle. Das in Rosatönen gehaltene Antependium
zeigt sechsflügelige Seraphim und verschiedene eucharistische Motive.
Das zweite (nicht ausgestellte) Antependium ist einem marianischen
Thema gewidmet.

Franziskus-Kelch - P. Roman Jacobs (Entwurf), Hummer, St. Valentin (Ausführung zugeschrieben), 1938
Silber gegossen und gehämmert, vergoldet, Halbedelsteine, Elfenbein
Passionskelch - P. Roman Jacobs
(Entwurf), Hummer, St. Valentin (Ausführung zugeschrieben), 1938 Silber
vergoldet, ziseliert, Elfenbein, Edelsteine
Kelch mit marianischem Programm- um 1905, Silber, Kuppa vergoldet
Kelch - P. Roman Jacobs OSB
(Entwurf zugeschrieben), E. Heines, Osnabrück (Ausführung), 1922 Silber
vergoldet, Ebenholz, Elfenbein, Lapislazuli, Amethyst, Achat

Messgarnitur - Karl Troll und Johann Stoppel (Entwurf), Franz Pawlas, Wien (Ausführung), 1910/1914
Messing oder Kupferblech vergoldet, Stein- und Perlbesatz, teilweise Emaille-Verzierungen

VASA SACRA UND LITURGISCHES GERÄT
In allen Kirchen werden zur Liturgie Kelche, Ziborien, Monstranzen,
Messkännchen, Weihrauchfässchen, Taufgarnituren, Kreuze, Leuchter und
noch einiges mehr verwendet. Aufgrund ihrer zentralen Stellung beim
Gottesdienst sind diese Gegenstände meist aus kostbaren Materialien
gefertigt und aufwändig verziert - dies gilt insbesondere für die sog.
„vasa sacra" (heilige Gefäße), die während der Messfeier mit dem
Allerheiligsten, also Brot und Wein, in Berührung kommen.
Die hier präsentierten Objekte zeigen den Facettenreichtum der
künstlerischen Umsetzung des Jugendstils im Bereich des liturgischen
Gerätes. Einige Kelche belegen etwa ein Experimentieren mit
Materialien, so z. B. durch einen Schaft aus aufwändig geschnitzten
Elfenbein-Figuren. Dabei ist auch eine stilistische Entwicklung von
historistischen Bezügen, bis hin zur Verflechtung mit späteren
Stilelementen erkennbar. Eine Monstranz nach Entwurf von Karl Troll und
Johann Stoppel lässt gotisierende Bezüge am Knauf zu, während ihr
netzartiger Strahlenkranz eine Neuerung darstellt. In der Anschaffung
von liturgischem Gerät in zeitgenössischen Formen ist die Rolle der
Stifte hervorzuheben: Das Augustiner Chorherrenstift Klosterneuburg war
ein wichtiger Auftraggeber, wie an Objekten in einigen Stiftspfarren
deutlich wird; im benediktinischen Umfeld können P. Roman Jacobs
mehrere Kelche zugeschrieben werden. Das Zisterzienserstift Zwettl
verfügt mit einem Vortragekreuz von Ferdinand Andri über ein besonders
herausragendes Exemplar.

Mehr als 100 Jahre nach der ersten österreichischen Ausstellung zum
kirchlichen Jugendstil in Wien widmet sich das Museum am Dom dem
Spannungsfeld zwischen traditioneller Kunstauffassung und
aufgeschlossenem Zeitgeist. Die Ausstellung begibt sich auf
Spurensuche, warum trotz widriger Bedingungen zahlreiche sakrale
Kunstgegenstände im Jugendstil entstanden sind. Die Bandbreite reicht
dabei von Altären über Kelche und Monstranzen bis hin zu liturgischen
Gewändern. Bis dato noch nie präsentierte Objekte lassen vermuten, dass
aufgeschlossene Geistliche und Auftraggeber dennoch - gemäß dem
Wahlspruch der Secession - „der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre
Freiheit" ermöglichten.
Monstranz - Richard Jordan (Entwurf), K. Adler & Cie., Wien (Ausführung), um 1912, Metall, Emaille-Malerei, Steinbesatz

Friedensmonstranz - Hans Schwathe, 1918 Silber vergoldet, Granate, Achatkugeln, Perlmutt

LEOPOLD FORSTNER EIN „UNIVERSALGENIE" DES JUGENDSTILS
Einige secessionistisch geprägte Künstler werden aufgrund ihres
facettenreichen Schaffenswerks oft als „Universalgenies" bezeichnet. Zu
diesen zählt auch der gebürtige Oberösterreicher Leopold Forstner
(1878-1936), der nicht nur einen beachtlichen beruflichen Werdegang
vorweist, sondern auch mannigfaltige Objekte in unterschiedlichen
Größendimensionen schuf.
Leopold Forstner erlernte in der Tiroler Glasmalerei und Mosaikanstalt
das Handwerk des Glasers. Später wurde er Schüler Koloman Mosers an der
Kunstgewerbeschule in Wien. 1908 gründete Forstner die Wiener
Mosaikwerkstätte, in der er nicht nur eigene, sondern auch externe
Entwürfe ausführte. Zu seinen wichtigsten Projekten zählen das
Altarmosaik in der Kirche am Steinhof sowie die Glasfenster und
Wandmosaike der Karl-Borromäus-Kirche am Wiener Zentralfriedhof.
Forstner agierte äußerst ideenreich, bediente sich neuer Techniken und
„verschmolz" verschiedenartige Herstellungstechniken in seinen
Objekten. Als besonders innovativ gilt seine „Plattentechnik", bei der
die Mosaiksteine nicht einzeln, sondern auf vorgefertigten Platten
angebracht, versetzt wurden. Dies trifft z. B. auf die Altarnische in
der frühklassizistischen Pfarrkirche Linz-Ebelsberg zu, die auch in der
Ausstellung für kirchliche Kunst (1912) zu sehen war. Neben dem Entwurf
und der Ausführung zahlreicher Mosaike und (reliefartiger)
„Glasgemälde" gestaltete Forstner unter anderem auch einzigartige
liturgische Geräte.
Kreuzigung - Leopold Forstner, um 1920 Glas-Email-Mosaik-Relief

DIE GLASMALEREI - VOM GEBRAUCHSMATERIAL ZUR SELBSTSTÄNDIGEN KUNSTGATTUNG
Bereits im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit trugen narrative
Glasmalereien in der Sakralarchitektur zum theologischen Verständnis
der christlichen Mythologie bzw. der Heilsgeschichte bei. Um 1900
wurden die Glasmalereien, entsprechend den Sakralbauten, überwiegend
vom Stil des Historismus bestimmt, mancherorts trafen historistische
auf jugendstilistische For-men. Der secessionistische Stil wurde eher
von aufgeschlossenen privaten denn von geistlichen Auftraggebern
beansprucht. Im figürlichen Bildprogramm nahm er jedoch allgemein nur
selten Gestalt an.
Zu den wichtigsten Erzeugern von Glasmalereien um 1900 zählten die noch
heute aktive Tiroler Glasmalerei und Mosaikarıstalt mit Hauptsitz in
Innsbruck sowie die Glasmalerei-Werkstatt von Carl Geyling in Wien.
Als künstlerischer Leiter ab 1897 ebnete vor allem der gebürtige
Engländer Bernard Rice (1874-1917) der secessionistischen Glasmalerei
den Weg in den österreichischen Sakralbau. Seine Entwürfe
veranschaulichen die Entwicklung einer zunächst historistischen bis zu
einer jugendstilistischen Gestaltung religiöser Sujets. Den Höhepunkt
von Rices sakralemSchaffenswerk bilden drei Entwürfe für das Fenster
über dem Hauptportal der Kaiserjubiläumskirche in Brünn (Tschechien),
wovon jener der hl. Elisabeth ausgeführt wurde.
In der Glasmalerei-Werkstatt Geyling erreichte der Jugendstil seinen
Höhepunkt mit Remigius Geyling (1878-1974), dem Großneffen des
Firmengründers Carl Geyling (1814-1880). Die erhaltenen Entwurfsskizzen
und 1:1 Entwurfskartons (samt Ausführungen) belegen, dass stilistische
Mischformen und rein secessionistische Aufträge keiner Chronologie
folgten..
Fensterentwurf „Sankt Leopold" - Remigius Geyling, o. J. (um 1900) Bleistift, Kohle, Gouache auf Papier
Glasfenster „Sankt Leopold" - Remigius Geyling (Entwurf), Carl Geyling's Erben (Ausführung), o. J. (um 1900), Buntglasfenster

„PROFANE" SAKRALKUNST
Auch Privatpersonen gaben Kunstobjekte mit sakraler Thematik in
Auftrag. Im Gegensatz zu den geistlichen mussten die bürgerlichen und
adeligen Auftraggeber keinen Tadel eines öffentlichen, konservativ
gestimmten Publikums befürchten, waren es immerhin nur sie selbst, die
die Objekte, zumeist Einzelstücke, tagtäglich bestaunen durften.
Die „Madonna als Himmelskönigin" des Malers Robert Freiherr von
Doblhoff (1880-1960) vereint eine Vielzahl von secessionistischen
Einflüssen wie die geometrisch angeordnete Bildkomposition, den
vergoldeten Bildhintergrund sowie die „verschwimmende" Landschaft mit
Ausarbeitung einzelner Blumen und Grashalme, die an Gustav Klimts
Szenen der Atterseeregion erinnert. Mehrere klassische Attribute
Mariens wie die weiße Taube (Friede), die weiße Lilie (Reinheit) und
die Rosen (Liebe) „verflachen" das Gemälde noch mehr, weshalb es mehr
graphisch, denn naturalistisch und religiös wirkt.
Der ausgestellte Hausaltar hingegen wirkt farblich viel
zurückhaltender, in der Darstellung der Figurengruppe allerdings
andächtiger. Die Madonna betet das Christuskind an, während die
erhabene Himmelskönigin von Doblhoff das Christuskind zwar hält, ihr
Fokus jedoch auf dem Bildbetrachter liegt.

Die ehemalige Stiftsbibliothek
wurde 1727 bis 1739 nach Konzept Propst Johann Michael Führers und
Planung Jakob Prandtauers (nach dessen Tod 1726 von Joseph Munggenast
fortgeführt) im domplatzseitigen Obergeschoß des Kreuzgangstraktes
eingerichtet. Sie besteht aus zwei rechteckigen kreuzgratgewölbten
Sälen, die durch einen kleinen, platzlgewölbten Mittelraum verbunden
werden. An der reichen Ausstattung waren vermutlich die Stukkateure
Christoph Kirschner, Johann und Anton Pöckh, die Maler Paul Troger,
sein Schüler Johann Jakob Zeiller und Daniel Gran, der Bildhauer Peter
Widerin und die Tischler Hippolyt und Peter Nallenburg beteiligt.

Die nach der ursprünglichen Planung auf den Nordraum und den späteren
Mittelraum beschränkte Bibliothek wurde 1734 mit dem Südraum erweitert
und dabei mit der Beauftragung Paul Trogers für die (von ihm
signierten) Gewölbefresken auch das inhaltliche Konzept modifiziert.
War ursprünglich die Gegenüberstellung von göttlicher und irdischer
Weisheit intendiert, wurde dies im Sinne eines Vier
Fakultäten-Programmes erweitert. In den von vergoldeten Stukkaturen
umgebenen Gewölbefeldern des Nordraumes sind die Theologie und die
Philosophie dargestellt. Sie werden personifiziert durch den verzückt
in das göttliche Licht blickenden Apostel Paulus (signiert P.Troger f.)
und den von Paulus bekehrten ersten christlichen Philosophen, den hl.
Dionysius Areopagita, der die beim Tode Christi auftretende
Sonnenfinsternis betrachtet und deutet (signiert P.T. f.).

In den
zugehörigen Halbmedaillons präsentieren Engel und Putten die Attribute
der Heiligen. Im Südraum illustriert die Heilung des blinden Tobit
durch seinen Sohn Tobias die Medizin. Tobias bestreicht die Augen des
blinden Vaters mit Fischgalle, wodurch dieser wieder sehend wird. Die
Szene mit dem Zinsgroschen repräsentiert die Rechtswissenschaft
(signiert P. Troger fe. a. 1734). Bezüglich der von einem Pharisäer
gezeigten Steuermünze spricht Christus mit nach oben weisender Geste
die entscheidenden Worte: „So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und
Gott, was Gottes ist."

Einblick in die Bibliothek des ehemaligen Augustiner-Chorherrenstiftes St. Pölten

Stellt Troger die vier Fakultäten durch biblische Szenen dar, ist die
übrige Ausstattung von der Gegenüberstellung göttlicher Erkenntnis und
profaner Gelehrsamkeit charakterisiert. So sind an den Fenstergewänden
vergoldete Porträtbüsten von Theologen und antiken Philosophen
appliziert. Das Programm der plastischen und ornamentalen Ausstattung
ist von diesem Dualismus bestimmt: die Reliefs der Türbekrönungen, die
Aufsätze der - mit dem Monogramm Propst Führers und den Jahreszahlen
1727 und 1739 bezeichneten - intarsierten Bücherschränke.


Im Zentrum
des Nordraumes wird dem ersten Bibelvers und dem flammenden Auge Gottes
die strahlende Sonne gegenüber gestellt; über den Türen des Nordraumes
thront als Symbol der göttlichen Weisheit die Taube des Hl. Geistes
(Lux in tenebris), gegenüber als Symbol profaner Gelehrsamkeit die Eule
am Nachthimmel (Tenebrae in luce). Dem entsprechen im Südraum die
Reliefs des seine Jungen mit dem eigenen Blut nährende Pelikans und des
bekrönten Doppeladlers mit Zepter und Schwert. Zur Verdeutlichung des
universalen Anspruchs des hier verwahrten Wissens sind an den Türen der
Bücherschränke Rosetten mit den Buchstaben des Alphabets und die
Tierkreiszeichen angebracht. Die plastischen Gruppen darüber
symbolisieren wiederum die Dimensionen göttlicher und profaner
Wissenschaft.

Auffallend ist der unterschiedliche Grad der Fertigstellung. Ist im
Nordraum der plastische und ornamentale Dekor vollständig und
vergoldet, so ist die Ausstattung im Südraum nicht zu Ende geführt und
im fragmentarischen Zustand belassen. Grund dafür ist die abrupte
Einstellung der Ausstattungsarbeiten im Jahr 1739. Sie resultiert aus
der enormen finanziellen Überlastung und der darauf folgenden Absetzung
des Propstes. Dieser plötzliche Abbruch der Arbeiten ist - neben der
unfertigen und nicht vergoldeten plastischen Ausstattung - an den nur
partiell ausgeführten Vergoldungen der Schrankgitter anschaulich
ablesbar.

Über dem Doppelfenster des Mittelraumes sind das Stiftswappen sowie
Insignien und das Monogramm des Propstes Führer stuckiert; die vier
Büsten über den schwarzgebeizten Bücherkästen repräsentieren die vier
Weltalter und stammen von der ersten Einrichtungsphase. Später, 1746,
wurde die Ausstattung des Mittelraumes mit dem Gewölbefresko Daniel
Grans beendet. Es stellt eine auf dem Dekalog basierende Allegorie der
Weisheit dar und ist Initium sapientiae timor Domini („Der Beginn der
Weisheit ist die Furcht vor Gott, dem Herrn".) bezeichnet.


Das Museum am Dom befindet sich im ersten Stock des Kreuzganges des
1784 aufgelassenen Augustiner-Chorherrenstiftes St. Pölten. Die
ehemalige Stiftsbibliothek, die in den 1720er und 1730er Jahren unter
anderem von Paul Troger ausgestattet wurde, ist Teil des Museums.
Ebenfalls zum Museum gehört die Bibliothek des ersten St. Pöltner
Bischofs, Johann Heinrich von Kerens, die aus dem 18. Jahrhundert
stammt und mit der Gründung der Diözese 1785 von Wiener Neustadt nach
St. Pölten gebracht wurde.


KUNSTHANDWERK
Eine der großen Forderungen des Jugendstils war die Stärkung des
Kunsthandwerkes - im sakralen Bereich wurde besonders historistische
Massenware, die über Kataloge bestellt werden konnte, kritisiert. In
diesem Ausstellungsbereich sind verschiedenste Objekte des frühen 20.
Jahrhunderts versammelt, die entweder selbst von den Künstlern
geschaffen oder durch Werkstätten in hochwertiger Form ausgeführt
wurden.
Ein wie Andri mit Metall arbeitender Künstler war Georg Klimt, der für
seinen berühmten Bruder Gustav viele Aufträge in diesem Material
ausführte. Von ihm stammen auch die mit Messing beschlagenen Türen
eines Tabernakels aus der Pfarre St. Pölten-Wagram, die 1929 datiert
sind. Obwohl schon deutlich nach der Hochzeit des Jugendstils
angefertigt, finden sich die dekorativen Spiralmustern, die für den
Secessionsstil so typisch sind.
Nicht jeder Künstler konnte seine Entwürfe selbst ausführen: So etwa
Otto Wagner, der mit seiner Kirche am Steinhof ein Gesamtkunstwerk
schuf sogar die Blumengefäße am Hochaltar wurden von ihm entworfen.
Ausgeführt wurden sie 1907 von der Firma D. Hollenbach's Neffen Ed.
& F. Richter. Die Zusammenarbeit von Künstlern als Entwerfer und
auf Kunsthandwerk spezialisierte Werkstätten als Ausführende war auch
international häufig anzutreffen: Als Beispiele dafür sind ein
Altarkreuz (entworfen von Charles R. Ashbee) und ein Messkelch
ausgestellt, die um 1905 von der Guild of Handicraft bzw. der
Artificers Guild, beide London, hergestellt wurden.

Tabernakel-Aufsatz für ein Heiliges Grab
Georg Klimt (Metallarbeiten), 1929 Messing, Holz, Textil


Der Sammlungsbestand des Museum am Dom ist sehr heterogen, Schwerpunkt
ist aber die kirchliche Kunst in all ihren Ausprägungen. Grundstock des
Museums bildet die Sammlungstätigkeit des Museumsgründers Johannes
Fahrngruber, der einerseits viele Objekte von seinen Reisen nach St.
Pölten brachte, andererseits zahlreiche Kunstgegenstände aus den
Pfarren der Diözese zusammentrug. Im 20. Jahrhundert wurde die Sammlung
kontinuierlich erweitert, teils auch durch Ankäufe. Das Museum
dokumentiert das gesamte kirchliche Kunstschaffen: Von Gemälden und
Skulpturen über Altäre bis hin zu liturgischen Gefäßen und Textilien.
Neben zahlreichen gotischen Figuren liegt ein Schwerpunkt auch auf der
Barockkunst.


Das Museum am Dom besitzt einen besonders wertvollen Bestand an
liturgischen Textilien, sogenannten Paramenten, darunter auch die mit
14 Lederkaseln größte bekannte Sammlung an Lederkaseln. 2006 wurde dem
Museum die Kunstsammlung der Congregatio Jesu St. Pölten (vormals
„Englische Fräulein“) als Dauerleihgabe übergeben, zu denen neben
anderen Objekten auch viele bedeutende barocke Paramente zählen.


JUGENDSTIL IN KLOSTERNEUBURG
Das Stift Klosterneuburg war für den Jugendstil ein guter Nährboden:
Sowohl im Kloster als auch in den zugehörigen Stiftspfarren haben sich
hochkarätige Werke dieser Kunstströmung erhalten. Einige solcher
Objekte aus den Pfarren Donaufeld, Weidling oder Kierling finden sich
auch in dieser Ausstellung wieder. Ein ganz besonderes Meisterwerk
seiner Zeit ist der sogenannte Marienornat, der 1911 fertiggestellt
wurde.
Zur Schaffung eines Marienornates ließ Propst Friedrich Piffl
(1907-1913 Propst in Klosterneuburg, 1913-1932 Wiener Erzbischof) 1910
einen Wettbewerb ausschreiben, der an die k. u. k. Kunstgewerbeschule
(heute Universität für angewandte Kunst) gerichtet war. Der Bozener
Student Anton Hofer, ein Schüler Koloman Mosers, trug den Sieg davon;
ausgeführt wurde der Marienornat von der Stickereiklasse der
Kunstgewerbeschule. Das Werk wurde damals allseits gelobt: Es passte
sich den Anforderungen an, integrierte aber auch die modernen
Jugendstil-Formen. Der Ornat lebt vom Gegensatz zwischen Flächen, die
nur mit Streumustern besetzt, und Teilen, die dicht ornamentiert sind,
wie auch die erhaltenen Entwürfe verdeutlichen. Anlässlich des
25jährigen Priesterjubliäums von Propst Piffl entwarf Hofer 1912 zudem
einen prächtigen Messbuch-Einband. Um 1914 schuf die Kunstgewerbeschule
mit einem Fastenbehang ein weiteres Jugendstil-Parament für das Stift,
das jedoch durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges und dem
einhergehenden Geldmangel nur zu einem Teil ausgeführt wurde.
Grünes Pluviale, um 1900, Oberstoff Seidendamast, mit Baumwoll-Satin gefüttert, Borte und Kappa bestickter Seidenköper
Weiße Kasel, um 1900, Gewebe
restauriert 2. Hälfte 20. Jh. Oberstoff: Jacquardgewebe, Futterstoff:
Viskose, Motive aus Seide und Goldfäden in verschiedenen Sticktechniken

Goldener Ornat - Josef
Brandstätter (Entwurf), um 1930, Oberstoff Seidengewebe mit
Rautenmuster aus Goldfäden, mit Satingewebe aus Viskose gefüttert;
Stickerei auf blauen Köper

PARAMENTE ALS TEIL DES KIRCHLICHEN „GESAMTKUNSTWERKS"
Als Paramente (lat.: parare mensam = den Tisch vorbereiten) werden
sämtliche Textilien im liturgischen Bereich bezeichnet. Hierzu zählen
unter anderem Messkleider, Velen, Antependien und Fahnen. Die
Anfertigung solch kostbar bestickter Stoffe lag seit alters her in
Frauenhand. Zu den wichtigsten Paramentenwerkstätten in Ostösterreich
zählten Frauenorden wie die Schwestern des göttlichen Heilands (heute:
Erlösers) in Wien und das Annunziata-Kloster in Maria Anzbach (NÖ).
Eine weitere wichtige Institution für die Anfertigung
(secessionistischer) Paramente war die Zentrallehranstalt für
Frauengewerbe in Wien.
Neben der institutionalisierten Krankenpflege etablierten die
Schwestern des Göttlichen Heilands das sogenannte „Stickzimmer", in
welchem kostbare Paramente, meist nach Entwurf namhafter Wiener
Künstler (und Architekten) wie Otto Wagner, Hans Prutscher und Adolf
Otto Holub durch ausgebildete Schneiderinnen aus den eigenen Reihen
angefertigt wurden.
Im Ordensarchiv sind zahlreiche Ornamentmuster sowie maltechnisch
ausgeführte Entwürfe erhalten, die von den Schwestern selbst stammen.
Die ausgeführten Paramente hielten unter anderem Einzug in die
bedeutendsten (secessionistischen) Sakralbauten Österreichs, wie etwa
der Kirche am Steinhof, und wurden auch beim Internationalen
Eucharistischen Weltkongress (1912) gezeigt. Eines der Ornamentmuster
mit ägyptischem Blumenmotiv stammt aus der Zeit um 1900 und wurde unter
anderem an einem grünen Pluviale angewandt. Die figürlichen
Darstellungen der Paramente aus den 1930er Jahren nach Entwurf von
Josef Brandstätter sind interessanterweise ein retardierendes Element,
das sich an der Beuroner Schule orientiert.
Pontifikalschuhe - Wiener Werkstätte (Entwurf und Ausführung?), 1910-1915, Seide mit Metallfäden in Legetechnik bestickt

Klosterneuburger Marienornat Dalmatik und Mitra
Anton Hofer (Entwurf), 1911, Seide, Goldstickerei, Metall- und Perlmuttauflagen

DAS HEILIGE GRAB DER PFARRE DROSENDORF - AN DER SCHWELLE ZUM JUGENDSTIL
Im Jahr 1881 erwarb der Drosendorfer Pfarrer Greger ein „Heiliges Grab"
bei der Firma Zbitek. Die in der Nähe von Olmütz (heute Tschechien)
ansässige Firma war auf Arbeiten mit bunten Glassteinen, sogenannten
„Gablonzer Steinen", spezialisiert und integrierte sie in aufwändige
Aufbauten. Glasmosaike sollten im Jugendstil wenige Jahre später eine
besondere Bedeutung erlangen - das Drosendorfer Heilige Grab ist somit
stilistisch einer frühen Form des Jugendstils zuzuordnen.
Das Heilige Grab aus der Waldviertler Pfarrkirche Drosendorf besteht
aus einer Grabnische, in der sich der Grabchristus befindet. Über dem
Grab ist die Bundeslade dargestellt, darüber zentral ein Kreuz, das
jeweils von einem adorierenden Engel flankiert wird. Die gesamte
Gestaltung ist geprägt von der Buntfarbigkeit der Glassteine, die
ursprünglich von Petroleumlampen und später elektrisch beleuchtet
wurden. Weitere Heilige Gräber der Firma Zbitek haben sich in Kapelln
(NÖ), Ernstbrunn (NÖ), Mondsee (OÖ) und Iffeldorf (Bayern) erhalten.
Die Tradition der Heiligen Gräber geht auf das Mittelalter zurück.
Einen großen Aufschwung erlebten die Gräber in der Barockzeit, wo sie
häufig zu üppigen Theaterkulissen ausgebaut wurden. Bis heute werden
Heilige Gräber in vielen Pfarrkirchen an den Kartagen aufgebaut und
sind damit ein wesentlicher Bestandteil der Vorbereitung auf Ostern,
des wichtigsten Festes des Christentums.

Die Ausstellung „Sakraler Jugendstil" rückt das kirchliche
Kunstschaffen der Zeit um 1900 im österreichischen Raum in den Fokus.
Zahlreiche Leihgaben aus Pfarrkirchen und Klöstern unterstreichen die
Bedeutung, die der Jugendstil - trotz überwiegender Ablehnung der
kirchlichen Obrigkeiten - auch im sakralen Bereich gespielt hat. Nicht
zuletzt die Nähe zu Wien, wo 1897 die Künstlervereinigung „Secession"
gegründet wurde, führte dazu, dass vor allem in Ostösterreich religiöse
Objekte im neuen Kunststil entstanden. Die Stadt St. Pölten, Wohnort
mehrerer Secessions-Mitglieder, ist bis heute eng mit dem Jugendstil
verbunden.

Der Dom zu St. Pölten ist eine Domkirche und seit 1785 die Kathedrale
der Diözese St. Pölten. Bis zur Auflösung des St. Pöltner
Augustiner-Chorherren-Stifts im Jahr 1784 war er dessen Klosterkirche.
Die Dom- und Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt gehört zum Dekanat St.
Pölten. Das Gebäude erscheint trotz gut erhaltenen spätromanischen Kern
als Barockbauwerk und steht unter Denkmalschutz.


Das heutige Bild des Doms entstand im 17. Jahrhundert. Nach einem Brand
1621 wurde das heutige Bistumsgebäude im Frühbarock gestaltet. Den
letzten Höhepunkt in der Baugeschichte erlebte das damalige Kloster
unter Propst Johann Michel Führer. Er war von der hochbarocken Pracht
benachbarter Residenzen wie des Stifts Melk begeistert und fand in dem
in der Stadt lebenden Jakob Prandtauer einen gleichgesinnten Partner.
Der geplante Umbau sollte die Bistumsgebäude um ein zweites Stockwerk
erweitern und die Außenansicht der Kirche sollte eine Dreiturmpartie
(ähnlich wie beim Stift Seitenstetten) mit dem bestehenden Turm als
Zentrum werden. Dieser Plan konnte nicht ganz umgesetzt werden, vor
allem weil sich Führer finanziell übernahm und das Stift nahezu
bankrott war, als er 1739 zurücktrat. Neben der großzügigen
Neugestaltung des gesamten Innenraums, vor allem durch Daniel Gran und
Bartolomeo Altomonte, wurde nur der Turm erhöht und mit einer neuen
Kuppel versehen.

1784 wurde das Stift durch Joseph II. aufgelassen. Am 28. Jänner im
Jahr darauf wurde aufgrund der von Pius VI. erlassenen päpstlichen
Bulle Inter plurimas das Gebäude Bischofssitz (Kathedrale) der neu
gegründeten Diözese St. Pölten.

Das Innere der Kirche wurde durch Jakob Prandtauer, Joseph Munggenast,
Daniel Gran und Bartolomeo Altomonte barockisiert. Die Deckenfresken
gestaltete teilweise Thomas Friedrich Gedon.


Die Orgel ist das Opus 444 der Schweizer Firma Metzler Orgelbau aus dem
Jahre 1973 mit 36 Registern auf 3 Manualen und Pedal. Der Prospekt
stammt von der ursprünglichen, von Johann Ignaz Egedacher errichteten
Orgel aus dem Jahr 1722. Hauptwerk und Positiv befinden sich im als
Rückpositiv erscheinendem Gehäuse. Für das Schwellwerk entstand ein
neues Gehäuse an der Emporenrückwand, die Pedalregister stehen in den
beiden Seitentürmen.

Der prunkvolle Hochaltar
entstand im Zuge der Barockisierung des Domes ab 1722 durch Jakob
Prandtauer. Das Altarbild zeigt „Mariae Himmelfahrt“ und wurde 1658 von
Tobias Pock gemalt.


St. Pölten darf mit Fug und Recht als geschichtsträchtiger Ort
bezeichnet werden. Das gilt bereits für die spätrömische Zeit, als hier
der Heilige Florian lebte, aber auch für das Frühmittelalter, als mit
der Errichtung des ehemaligen Augustiner Chorherrenstiftes St. Pölten
das älteste Kloster in Niederösterreich entstand. Bei seiner Aufhebung
durch Kaiser Josef II. im Jahre 1784 konnte es auf eine bereits
1000-jährige Geschichte zurückblicken. Das damals neu errichtete Bistum
hat mit der Übernahme der Klosterkirche (nunmehr Domkirche) und des
ehemaligen Stiftsgebäudes mit seinem beeindruckenden Inventar auch ein
großes kulturelles Erbe angetreten, das bis heute gepflegt und erhalten
wird.

Die Domkirche entstand im 11. bzw. 12. Jahrhundert. Einen Eindruck von
ihrem ursprünglichen spätromanischen bzw. frühgotischen Aussehen
vermittelt noch heute die sogenannte Rosenkranzkapelle im südöstlichen
Bereich, die Mitte des 17. Jahrhunderts abgemauert und einer
Bruderschaft zur Verfügung gestellt wurde. Aus diesem Grund wurde
dieser Raum bei der umfangreichen Barockisierung in den Jahren
1715-1739 nicht berücksichtigt. An der barocken Umgestaltung der
damaligen Stiftskirche waren die führenden Künstler jener Zeit tätig:
Jakob Prandtauer und später Josef Munggenast zeichneten für die
Bauvorhaben verantwortlich, die malerische Ausstattung stammt im
Wesentlichen von Daniel Gran (Seitenaltarbilder) und Thomas Friedrich
Gedon (Deckenfresken, Hochwandbilder).




Wie zahlreiche andere Kirchen, hat auch die St. Pöltner Domkirche
mehrere Patroziniumswechsel erlebt. Seit dem Spätmittelalter ist die
Kirche der Mariä Himmelfahrt geweiht. Dieses Thema ist auf dem
Hochaltarbild (aus dem Jahr 1685) von Tobias Pock eindrucksvoll
dargestellt. Anstatt des früheren Tabernakels auf dem Altar wurde bei
der Restaurierung zu Beginn der 80er-Jahre ein Reliquienschaugefäß
aufgestellt, wo die Kopfreliquien des Heiligen Hippolyt aufbewahrt
werden.













Wem der viele Text zu lange war und lieber Bewegtbilder mit Musik mag,
kann sich gerne dieses Video antun: