Naturhistorisches Museum Wien - NHM

Hofärar des Kaiserforums, Jänner 2023

Das Naturhistorische Museum Wien (kurz NHM) ist ein Naturmuseum am Maria-Theresien-Platz in der österreichischen Bundeshauptstadt Wien. Gegründet als k. k. Naturhistorisches Museum, zählt es zu den größten und bedeutendsten Museen der Welt. Der Neorenaissancebau wurde 1871 bis 1889 durch Franz Joseph I. von Gottfried Semper und Karl von Hasenauer als Teil des Kaiserforums errichtet.

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Etwa um das Jahr 1750 kaufte Kaiser Franz I. Stephan von Lothringen, der in den habsburgischen Erblanden mitregierende Ehemann der österreichischen Monarchin Maria Theresia, vom Florentiner Johann Ritter von Baillou (1679–1758) die zu dieser Zeit größte Sammlung an Naturalien. Das Herz der Sammlung bildeten 30.000 Objekte, darunter seltene Schnecken, Korallen, Muscheln sowie kostbare Edelsteine und seltene Mineralien. Schon damals wurde die Sammlung nach wissenschaftlichen Kriterien geordnet.

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Im Laufe der Zeit wurden die Sammlungen so umfangreich, dass die Räumlichkeiten der Hofburg nicht mehr genug Platz boten. Im Zuge der von Franz Joseph I. zu Weihnachten 1857 in Auftrag gegebenen Schleifung der nicht mehr zeitgemäßen Wiener Stadtmauer und des Baues der Ringstraße sah der mit der Verwertung der Grundstücke beauftragte Stadterweiterungsfonds auch Platz für Neubauten für zwei Hofmuseen vor, das naturhistorische und das kunsthistorische.

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Das als k. k. Naturhistorisches Museum gegründete Haus, das die großen kaiserlichen Sammlungen der k.k. Hof-Naturalienkabinette aufnahm, wurde am 10. August 1889 eröffnet. Das Hofärar wurde am 12. November 1918 vom Staat Deutschösterreich, 1919 Republik Österreich, übernommen. Das Naturhistorische Museum, seit 1920 ein Bundesmuseum unter der Aufsicht des Unterrichtsministeriums, nahm in den folgenden Jahrzehnten eine unauffällige Entwicklung. Das klein gewordene republikanische Österreich brachte nicht die Mittel auf, die Einrichtung neueren museologischen Erkenntnissen entsprechend zu gestalten oder die Sammlungen durch aufsehenerregende Zukäufe zu erweitern.

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Der Architekt wurde von 1867 an in einem Wettbewerb ermittelt, an dem Karl Hasenauer teilnahm; der Kaiser ließ Hasenauers Pläne von Gottfried Semper begutachten, und Hasenauer gewann ihn zur Mitarbeit. Daraus ergab sich eine nicht immer harmonische Gemeinschaftsarbeit der beiden Architekten an beiden Museen. Der Bau beider Hofmuseen begann 1871, sechs Jahre nach der feierlichen Eröffnung der Ringstraße; das Kunsthistorische Museum wurde 1891, zwei Jahre später als das NHM, eröffnet.

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Die beiden Museumsbauten waren von ihrer Anordnung quer zur Ringstraße darauf ausgerichtet, mit zwei an der anderen Seite der Straße anzuschließenden neuen Trakten der Hofburg und der historischen Front der Hofburg ein monumentales Kaiserforum einzurahmen (siehe auch Heldenplatz), das auf Grund des Endes der Monarchie 1918 Torso blieb. Semper und Hasenauer bauten aber von 1881 an einen der beiden geplanten neuen Trakte der Hofburg, die sogenannte Neue Burg, zwischen Kunsthistorischem Museum und Hofburg. Und sie bauten an einem anderen Teil der Ringstraße 1874–1888 das neue k.k. Hof-Burgtheater.

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Keine bizarren Kunstwerke ...
... sondern Bohrköpfe, mit denen viele Kilometer tief in die Erdkruste gebohrt wird
Geschenk der OMV

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Die Erde - Ein dynamischer Planet - Der neue Geologiesaal
In Saal 6 - dem ehemaligen Kaisersaal - thematisiert die vom Architekturbüro Schuberth und Schuberth designte Ausstellung den Aufbau der Erde ebenso wie den Beginn des Anthropozäns und zeigt, dass alles auch ganz anders hätte kommen können! Wer mit Geologie nur langweilige Steine verbindet, wird in der neuen, mit vielen Hands-on-Objekten ausgestatteten Ausstellung am NHM Wien überrascht sein, wie umfassend die Erdwissenschaften heute versuchen, die Prozesse unseres Planeten zu entschlüsseln. Längst sind die Grenzen zwischen den wissenschaftlichen Disziplinen verwischt und von den Gesteinen führt der Weg rasch in Atmosphäre und Hydrosphäre oder in die Welt der Mikroben.

Die Ausstellung beleuchtet die vielfältigen Bezüge zwischen der Lithosphäre und der Biosphäre. Der Bogen spannt sich dabei vom Aufbau der Erde bis zum Anthropozän - dem Zeitalter, in dem der Mensch begann, als geologische Kraft aufzutreten. Während man spielerisch an einer interaktiven Station Gebirge entstehen lässt, erfährt man, dass erst die Plattentektonik durch ihre Jahrmillionen dauernden Kreisläufe bis heute Leben ermöglicht. Überraschend ist, dass auch die großen Revolutionen des Lebens - wie die Erfindung der Fotosynthese und die Besiedlung des Festlandes durch Pflanzen einen unmittelbaren Einfluss auf die Gesteine hatten und das Antlitz der Erde für immer veränderten. Das Leben färbte den Planeten bunt!

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Die vermeintlich größte Spinne der Welt ist ein Seeskorpion
Mit einer Gesamtgröße von ca. 50 cm galt Megarachne servinei als die größte bekannte Spinne. Neue Funde und Untersuchungen haben allerdings ergeben, dass Megarachne zu den heute ausgestorbenen See- oder Riesenskorpionen zählt. Gelebt hat das schreckenerregende Tier im Karbon, vor 320 Millionen Jahren. Die tropischen Sumpfwälder im heutigen Argentinien waren sein Lebensraum. Die meisten Insekten und Spinnentiere besitzen keine Lungen, sondern nehmen Sauerstoff direkt über ein kompliziertes Röhrensystem (Tracheen) auf. Dadurch hängt ihre Größe vom Sauerstoffgehalt der Luft ab. Im Karbon lag der Luftsauerstoffgehalt deutlich über dem heutigen Wert und ermöglichte den Riesenwuchs. Derartige Größen wurden später nie wieder erreicht.

Megarachne servinei, Modell in Lebensgröße

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Steinbruch von St. Margarethen in Ungarn, Leithakalk (Anton Hlawacek):
Der Steinbruch in St. Margarethen (zwischen Eisenstadt und Neusiedlersee) ist der bekannteste Steinbruch des Burgenlandes, das bis zum Ende des 1. Weltkrieges zu Ungarn gehörte. In diesem ausgedehnten Steinbruch haben schon die Römer in großem Ausmaß abgebaut. Der St. Margarethener Kalksandstein wird heute hauptsächlich für Restaurierungen (z. B. der Stephanskirche), als Dekorstein für vorgehängte Fassaden und als Formstein von der Steinmetzbranche verwendet.

Steinbruch... St. Margarethen. Ungarn.
Leithakalk. Ant. Hlaváček.

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Faszination Natur
Das Naturhistorische Museum Wien zählt zu den größten naturkundlichen Museen der Welt. 37 Schausäle auf zwei Etagen vermitteln einen unvergesslichen Eindruck von der Geschichte der Erde und der Vielfalt des Lebens: Das Hochparterre präsentiert kostbare Edelsteine und Mineralien, seltene Fossilien und riesige Dinosaurier, die größte und älteste Meteoritenschausammlung der Welt, aber auch einzigartige urgeschichtliche Funde wie die weltberühmte „Venus von Willendorf". Der erste Stock zeigt den überwältigenden Artenreichtum der Tierwelt von einfachen Meerestieren bis zu hoch entwickelten Säugern.

Die Sammlung hinter den Kulissen bildet mit ca. 30 Millionen Objekten die Basis für die Forschungsarbeit von über 60 Wissenschaftlerinnen, die derzeit im Museum tätig sind. Der neue Aktionsraum „Deck 50" ist mit einem Forschungslabor und einer 11 m langen LED-Wand ausgestattet und bietet Shows und Workshops. Erleben Sie Wissenschaft in einem modernen Ambiente, unterhaltsam und interaktiv!

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Im Sauriersaal befinden sich drei Skelettrekonstruktionen großer Dinosaurier: Allosaurus, Diplodocus und Iguanodon. Nebst diesen sind noch weitere, kleinere Objekte, wie die Knochen- und Lebendrekonstruktion eines Tyrannosaurus-Schädels zu besichtigen. Zudem sind ein Lebendmodell eines Deinonychus in Originalgröße, mehrere Skelette kleinerer Dinosaurier wie Psittacosaurus oder Protoceratops sowie Skelettteile (beispielsweise ein Triceratops-Schädel und ein Ultrasaurus-Bein) ausgestellt. Am 5. Oktober 2011 wurde der neu gestaltete Sauriersaal eröffnet. Die Ausstellung wurde dabei um weitere Skelette, lebensgroße Modelle und Computeranimationen ergänzt, z. B. veranschaulicht das animierte Modell eines Allosaurus dessen Bewegungsabläufe, die lebensecht rekonstruiert wurden. An der Decke schwebt ein originalgroßes Pteranodon-Modell. Videoanimationen und interaktive Stationen vermitteln das Leben der Dinosaurier, es wird aber auch jener Asteroideneinschlag visualisiert, der letztlich zum abrupten Ende der Dinosaurier führte.

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PRUNKWAGEN Rekonstruktion, Býči Skála, Tschechien; Ältere Eisenzeit, 5. Jh. v. Chr.
In der Kulthöhle von Býči Skála bei Brünn wurden die Reste von mindestens 3 Wagen entdeckt. Die Wagenkästen und die Radspeichen waren mit verzierten Bronzeblechen beschlagen; eiserne Reifen umspannten die Holzräder; ab 15 km/h entsteht der Eindruck von laufenden Spiralen an den Speiche. Manche Wagenteile wurden in Stoff gehüllt niedergelegt. Die Textilien auf dem Wagenkasten wurden nach Vorbildern aus dem Fürstengrabes von Hochdorf (Deutschland) gewebt.

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Die Anthropologie-Dauerausstellung wurde nach der Schließung des früheren „Rassensaales“ 1996 von Grund auf neu konzipiert und im Jänner 2013 eröffnet. Sie widmet sich der Evolution der Hominiden und dem Entstehungsprozess des Menschen. In den Sälen 14 und 15 stehen dabei zwei Themenbereiche im Zentrum: der aufrechte Gang und die Gehirn­evolution. Ausgehend von den nächsten lebenden Verwandten, den Menschenaffen, wird mit mehreren paläoanthropologische Themenblöcken die Entwicklung des modernen, an unterschiedliche Naturräume adaptierten Menschen Homo sapiens bis zur Jungsteinzeit dargestellt. Dabei wird die Entwicklung nicht nur als (prä-)historischer und biologischer Prozess aufgezeigt, sondern auch die kulturelle Entwicklung als wesentliche Komponente der Menschwerdung hervorgehoben.

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Karyatidenschmuck
Die Ecksäle des Hochparterres (IV, VI, XIV und XVI) und der Mittelsaal (X) sind zusätzlich mit Karyatiden geschmückt. Die architektonische Gliederung der Frieszone mit Skulpturen wurde offenbar durch Hasenauer festgelegt. Dies belegt ein von Hasenauer signierter Plan des Saals X aus der Burghauptmannschaft. Leider ist die Datierung aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes des Planes nicht mehr lesbar. In diesem Plan sind die Karyatiden und auch das reiche Stuckdekor der Frieszone bereits mit großer Detailgenauigkeit eingezeichnet.

Cliffhaus Ruine, Nordamerika (Ludwig Hans Fischer):
Das Bild zeigt Reste von Terrassensiedlungen, den sogenannten Cliff Dwellings (Felsenhäuser), der Pueblo-Indianer in Arizona und New Mexico. Die aus luftgetrockneten Ziegeln unter überhängenden Felsen eingebauten Häuser und Kivas (Kulträume) waren aus Sicherheitsgründen oft nur durch das Dach zu betreten. Das Bild war 1886 noch nicht fertig.

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Statue aus Stein, Osterinsel, Südsee (Ludwig Hans Fischer):
Die vulkanische Osterinsel liegt ungefähr dreieinhalbtausend Kilometer westlich von der südamerikanischen Küste und wurde erst 1722 von dem niederländischen Kapitän Jakob Roggeveen entdeckt. Auf ihr stehen über 1.000, drei bis zwölf Meter hohe, aus dem Vulkangestein des Kraters Rano Raraku gehauene Figuren, so genannte Moai, die wahrscheinlich Ahnen darstellen sollten. Die meisten wurden etwa zwischen 1000 bis 1600 nach Chr. errichtet. Im Vordergrund des Bildes steht ein Osterinsulaner als Maßstab für die Größenverhältnisse. Dieses Gemälde war 1886 noch nicht fertig gestellt.

Karyatide von Viktor Tilgner und Gemälde von Ludwig Hans Fischer: Statue aus Stein, Osterinsel, Südsee, Saal XIV

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Righistan-Moschee zu Samarkand, Turkestan (Alois Schönn):
Die Righistan-Moschee wurde wahrscheinlich um das Jahr 1618 von Galang Tasch Bahadur, einem Vesir des Imam Kuli Chan, erbaut. Die Fassade des prachtvollen Gebäudes ist mit kostbaren Mosaiken verziert. Unter dem hohen Gewölbe befindet sich das persische Wappen, Löwe und Sonne, nach dem die Moschee auch „Schirdar", „die Löwen tragende", benannt ist. Im Jahr 1886 war dieses Bild noch nicht fertig gestellt.

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Der Goldschmuck mit einem Gesamtgewicht von mehr als einem halben Kilogramm (506 g) wurde im Mai 2005 auf dem Arikogel, einem kleinen Hügel am Hallstätter See (OÖ), entdeckt. Der Fundort liegt an einer alten Wegtrasse, die entlang der Traun zum Salzbergwerk nach Hallstatt führte. Die Goldringe aus Perldraht sind die ältesten in Mitteleuropa, die in dieser aufwendigen Technik gefertigt wurden. Erste Metallanalysen zeigen, dass das Gold aus Osteuropa, wahrscheinlich aus Siebenbürgen (Rumänien), kommt.

Arikogel Oberösterreich Späte Bronzezeit, 1200-1000 v. Chr.

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„DER KREISLAUF DES LEBENS" DECKENGEMÄLDE VON HANS CANON
Das Werden und Vergehen der menschlicher Existenz wird in einer kreisförmigen Komposition dargestellt. Auf der rechten Seite streben kraftvolle Gestalten aufwärts: Sie jagen nach Liebe, Reichtum, Ruhm und Macht. Links unterliegen die Menschen dem Schicksal und stürzen unter zuckenden Blitzen in den Abgrund. Der Kampf ums Dasein beherrschte im 19. Jahrhundert das wissenschaftliche Denken. Am Beginn des Kreislaufs macht sich der Mensch die Erde untertan. Am Ende gewinnt jedoch die Natur wieder die Oberhand: ein Aasgeier wartet auf seine Beute. Im Zentrum des Geschehens ruht ein Philosoph mit Stundenglas. Hinter ihm bewacht eine Sphinx ein versiegeltes Buch als Symbol für das ewige Rätsel des Lebens.

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HANS CANON 1829-1885, Wien
Hans Canon studierte ab 1845 an der Wiener Akademie der Bildenden Künste und war Schüler von Ferdinand Georg Waldmüller und Carl Heinrich Rahl. Wegen seiner Karikaturen in der Zeitschrift „Kikeriki" bekam er Probleme mit der Zensur und ging nach Deutschland. Um 1850 übersiedelte Canon wieder nach Wien. Das Deckengemälde der „Kreislauf des Lebens" gilt als sein Hauptwerk. Es wurde zusammen mit den Lünettenbildern zwischen 1883 und 1885 auf Leinwand gemalt. Die Themen der Lünetten waren vorgegeben, das Thema des Deckengemäldes konnte Canon selbst wählen. Nach dem Tod Hans Makarts arbeitete Hans Canon außerdem am großen Deckengemälde „Sieg des Lichts über die Finsternis" für das Kunsthistorische Museum weiter. Auch er konnte dieses Bild jedoch nicht mehr vollenden und hinterließ nur Skizzen und Entwürfe. Canon starb kurz nach der Vollendung von „Der Kreislauf des Lebens" 1885. Er erlebte nicht mehr mit, wie es im Stiegenhaus angebracht wurde.

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Kaiser Franz I. Stephan von Lothringen kaufte 1748 die damals größte Naturaliensammlung der Welt von Johann Ritter von Baillou. Sie umfasste etwa 30.000 Objekte. Im Gegensatz zu vielen anderen Naturaliensammlungen diente sie nicht nur der Schaulust, sondern war nach dem damaligen Kenntnisstand wissenschaftlich geordnet. Der Kaiser brachte die Sammlung aus Florenz nach Wien und ließ sie im Augustinertrakt der Hofburg aufstellen. 1848 wurde dieser Trakt durch einen Brand schwer beschädigt. Seit 1889 sind die Sammlungen des Kaisers hier im Naturhistorischen Museum zu besichtigen. Das Kaiserbild wurde im Auftrag Maria Theresias, der Gemahlin Franz Stephans vom Porträtmaler Franz Messmer und von Jakob Kohl angefertigt. Obwohl es erst 1773, acht Jahre nach Franz Stephans Tod entstand, gilt es als seine beste Darstellung.

KAISER FRANZ I STEPHAN VON LOTHRINGEN in seiner Sammlung, umgeben von seinen Sammlungsdirektoren
JOHANN RITTER VON BAILLOU in blauer Artillerie-Stabsuniform Erster Direktor der Naturaliensammlung
VALENTIN DUVAL, Direktor des kaiserlichen Münzkabinetts
ABBÉ JOHANN MARCY im geistlichen Gewand Direktor des Physikalisch-Mathematischen Kabinetts
GERARD VAN SWIETEN, Präfekt der Hofbibliothek und Leibarzt Maria Theresias

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Japanische Riesenkrabbe, Macrocheira kaempferi (Temminck, 1836) auch Rieserseespinne
SO-Japan und Taiwan, leben auf sandig-schlammigen Meeresböden in 50 bis 600 m Tiefe. Mit einer Spannweite bis 4 Meter, einer Beinlänge über 1,5 Meter und einem Gewicht bis 20 Kilogramm sind die japanischen Riesenkrabben die größten Krebstiere der Welt. Die Tiere sind Allesfresser; sie ernähren sich von Meerestieren, Algen, Tangen und Aas. Der Intendant des Hofmuseums, Franz Steindachner erwarb 1882 diese außergewöhnlich großen Exemplare, die aus der Bucht von Tokio stammen.

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Schwarzgelber Blauzungenskink (Tiliqua nigrolutea), Australien

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Komodo-Waran (Varanus komodoensis)
Mit einem Körpergewicht bis zu 70 kg und einer Körperlänge von bis zu 3 m ist der Komodo-Waran die größte lebende Echsenart. Sein Verbreitungsgebiet ist auf wenige kleine Sundainseln vor Indonesien beschränkt. Die Jungtiere leben auf Bäumen und fressen Insekten und kleinen Echsen. Erwachsene Komodo-Warane erbeuten Nagetiere, Vögel und sogar Mähnenhirsche oder Wasserbüffel, die viel größer sind als sie selbst. Die Beutetiere werden durch einen Giftbiss getötet. In Abwesenheit von Männchen (z. B. in Zoos) können sich Weibchen durch Jungfernzeugung fortpflanzen, d. h. ohne befruchtet zu werden.

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RIESENSEEADLER (Haliaeetus pelagicus), Küsten Nordostasiens

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ARARAUNA (Ara ararauna), Südamerika

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INKAKAKADU (Cacatua leadbeateri), Australien

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EURASISCHER BIBER (Castor fiber)
Ursprünglich waren Biber in der Waldzone Europas und Asiens mit Ausnahme Japans weit verbreitet. Biber wurden als Fleisch- und Pelzlieferanten, am meisten jedoch wegen des „Bibergeils" verfolgt. Dieses Drüsensekret wird in den Aftersäcken gebildet und dient den Tieren zur Fellpflege. Schon die Römer verwendeten es als Wunderheilmittel und Aphrodisiakum. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es nur mehr 8 kleine Restvorkommen des Eurasischen Bibers mit insgesamt etwa 1200 Individuen. Wiedereinbürgerungen führten zu einem glanzvollen Comeback. Die Population stieg auf mehr als eine halbe Million Tiere an, große Teile des ehemaligen Verbreitungsgebietes sind heute wieder besiedelt. Biber sind monogam. Sie leben in kleinen Familiengruppen in Flussauen, an Seen und Teichen. Sie paaren sich im Winter, die 2-3 Jungen kommen im späten Frühling zur Welt. Biber halten keinen Winterschlaf. In strengen Wintern fressen sie unter der Eisdecke die im Sommer gesammelten Nahrungsvorräte. Biber können gut schwimmen und tauchen. Ihre gedrungene Gestalt, das überaus dichte Fell, der flache, beschuppte Schwanz und die durch Schwimmhäute verbundenen Zehen sind Anpassungen an das Leben im Wasser. Mit 80 cm Körperlänge, 40 cm Schwanzlänge und einem Gewicht von bis zu 35 kg ist der Biber das größte Nagetier Europas.

Biber sind Vegetarier. Im Frühling und Sommer bevorzugen Biber weiche Pflanzenteile, im Herbst und Winter fressen sie Rinde, Zweige und Wurzeln von Laubbäumen. Da Biber nicht klettern können, fällen sie Bäume, um an die Zweige zu kommen. Dazu benutzen sie ihre riesigen, ständig nachwachsenden Nagezähne als Werkzeug. Mit Hilfe der meißelförmigen Schneide benagen Biber die Stämme sanduhrförmig und fällen so selbst Bäume von mehr als einem Meter Durchmesser. Ein einzelner Biber kann eine 25 cm starke Weide in weniger als einer halben Stunde zu Fall bringen. Die Nahrung wird entweder an Ort und Stelle verzehrt oder als Wintervorrat in den Gewässerboden gesteckt. Biber bauen Kanäle, Dämme und Burgen. Mit ihren Vorderpfoten graben Biber Rinnen in den Gewässerboden. Die so entstandenen Kanäle benutzen sie bei Niederwasser. Flüsse werden mit Dämmen abgesperrt. Als Baumaterial verwenden Biber gefällte Bäume, die sie in Stücke zerteilt zuerst ins Wasser schleppen und dann weiter zur Baustelle transportieren. Der Sockel der überaus stabilen Dämme besteht aus Schlamm und Steinen, auf die Äste und Zweige gehäuft werden. Schlamm und weiches Pflanzenmaterial dichten den Damm ab. Hinter einem Damm entstehen manchmal große Seen, in denen Biber vor Feinden sicher sind und wo sie Holz leichter transportieren können als an Land. Die Stauseen dienen auch als Kühlschrank, in dem sich der Nahrungsvorrat für den Winter lange frisch hält. Biberburgen sind von Wasser und Land zugänglich und enthalten zumindest eine, oberhalb des Wassers gelegene, Wohnkammer.

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LÖWE (Panthera leo)
Die Merkmale des in Freiheit um 1920 ausgerotteten Berberlöwen, namentlich die mächtig entwickelte Mähne, die bis zum Bauch hinab reicht, überdauerten im Erbgut von Zoo- und Menagerielöwen bis heute.

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SCHNEELEOPARD (Panthera uncia), Zentralasien

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STATUETTE VON STRATZING
Die Figur aus Schiefer ist das älteste Kunstobjekt Österreichs. Sie ist 36000 Jahre alt und damit auch weltweit eine der ältesten Menschen-Skulpturen. Entdeckt wurde die Statuette 1988 in Niederösterreich auf einem Lösshang nahe der Donau bei Krems, im Rahmen von Ausgrabungen des Bundesdenkmalamtes. Einen Arm emporgestreckt, den Oberkörper leicht gedreht, scheint die Figur wie in einer Pirouette erstarrt. Das Grabungsteam hat sie deshalb nach der berühmten österreichischen Tänzerin Fanny Elßler „Fanny" genannt.

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VENUS VON WILLENDORF, Gravettien, 29.500 Jahre
Die Figur aus Kalkstein ist 29500 Jahre alt und ein vollendetes Meisterwerk altsteinzeitlicher Plastik. Sie wurde am 7. August 1908 bei Ausgrabungen des Naturhistorischen Hofmuseums in Willendorf in der Welterbe-Region Wachau (Niederösterreich) entdeckt und zählt zu den berühmtesten archäologischen Funden der Welt. Die halbsitzende Haltung, die verkürzten Arme und Beine sowie der Kopf ohne Gesicht sind Teil einer Botschaft, die wir heute nicht mehr rekonstruieren können.

Statuetten vom Typ der Venus von Willendorf waren von Frankreich bis Russland verbreitet. Die russischen Funde sind der Venus von Willendorf am ähnlichsten; sie stellen ebenfalls reife Frauen mit großem Bauch und großen Brüsten dar. Die halbsitzende Haltung der Venus von Willendorf findet sich wieder bei den Figuren von Gagarino, einer russischen Fundstelle am Don. Ihr Armschmuck entspricht dem der Figuren aus Kostenki. Die Haltung ihrer Arme ist dieselbe wie bei der Venus von Lespugue (Frankreich). Ähnliche Frauen mit stark übertriebenen Proportionen sind als regionale Besonderheiten auch aus Italien und Südfrankreich bekannt. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie keine Gesichtszüge aufweisen. Es ist daher anzunehmen, dass die Gesichtslosigkeit mit einer ganz bestimmten Aussage verknüpft war, die zu dieser Zeit überregional verstanden wurde. Aus der Zeit der Venus sind aber sehr wohl auch Frauendarstellungen mit Gesichtern bekannt: Köpfe aus Frankreich, Italien und Tschechien sowie bekleidete Figuren mit Gesichtern aus Sibirien.

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Das Museumsgebäude erstreckt sich zwischen Zweierlinie bzw. Museumsplatz und Burgring; die Rückseite grenzt an die Bellariastraße. Die Vorderseite im Südosten wendet sich dem symmetrischen Park und dem gegengleichen Kunsthistorischen Museum zu. Das Gebäude ist 170 m lang und im Mittelteil 70 m breit und umschließt zwei rechteckige Höfe von etwa 50 m Länge und 25 m Breite und bedeckt eine Fläche von etwa 8720 m². Es ist in vier Geschoße, Tief-, Hochparterre, I. und II. Stock unterteilt.

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Die Attika des vorspringenden Mittelrisalit ist 32 m hoch und wird von einer 33 m hohen achteckigen Kuppel überragt, auf deren Laterne eine über 5 m hohe bronzene Statue des griechischen Sonnengottes Helios steht, Symbol des allbelebenden Elementes in der Natur. Diese Figur, wie auch die gegenüberliegende Pallas Athene auf der Kuppel des Kunsthistorischen Museums, wurde von Johannes Benk geschaffen.

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Maria-Theresien-Denkmal (zwischen Kunsthistorischem und Naturhistorischem Museum), das imposanteste Werk der neueren plastischen Kunst in Wien. Caspar von Zumbusch arbeitete 13 Jahre an diesem Werk (Modell 1874, Vollendung 1887, enthüllt am 13. Mai 1888, dem Geburtstag der Herrscherin); verbaute Fläche 632 m², Höhe 19,4 Meter. Die Architektur stammt von Carl von Hasenauer; alles Figurale ist aus Bronze. Auf einem Plateau (von Pfeilern mit Ketten umrahmt) befindet sich ein dreistufiges Podest, auf diesem ein vierseitiger Kolossalsockel. Der weitausgreifende Unterbau trägt einen hohen prismatischen Aufbau mit gekoppelten Säulen an den Kanten, darüber die Sitzfigur Maria Theresias (auf Thronsessel). Das Programm entwarf der damalige Direktor des Haus-, Hof- und Staatsarchivs Alfred von Arneth; Zumbusch verzichtete weitgehend auf die Allegorisierung zugunsten eines historischen Realismus (weshalb sein Projekt den Konkurrenzentwürfen von Johannes Benk und Carl Kundmann vorgezogen wurde).

Maria Theresia thront hoch über den Stützen ihres Reichs; ihre Linke mit dem Zepter ruht auf der Pragmatischen Sanktion, die Rechte ist zum Gruß an ihr Volk erhoben, auf dem Haupt trägt sie statt einer der denkbaren Kronen ein großes Diadem. Auf dem Kranzgesims vier allegorische Figuren (die Kardinaltugenden Kraft, Weisheit, Gerechtigkeit, Milde), auf den Flügeln des Unterbaus vier Reiterstandbilder ihrer Feldherren (von rechts vorne im Uhrzeigersinn Gideon Ernst Freiherr von Loudon [1716-1790], Leopold Graf Daun [1705-1766], Ludwig Andreas Graf Khevenhüller [1683-1744] und Otto Ferdinand Graf Abensberg-Traun [1677-1748]), vor dem mittleren Aufbau frei stehende Figuren ihrer Berater (Wenzel Anton Dominik Graf Kaunitz [1711-1794], Staatskanzler; Friedrich Wilhelm Graf Haugwitz [1702-1765], Schöpfer der Verwaltungsreform; Joseph Wenzel Fürst Liechtenstein [1696-1772], Reorganisator des Geschützwesens; Leibarzt Gerard van Swieten [1700-1772], Reformator der Universität). In den Bogenfeldern 16 Hochreliefs verdienter Persönlichkeiten: Bartenstein, Starhemberg, Marcy, Lacy, Hadik, Nádasdy, Eckhel, Prayberg, Christoph Willibald Gluck, Haydn, Mozart, Grassalkovics, Brückenthal, Rieppen, Martini und Sonnenfels.

Maria-Theresien-Denkmal am Maria-Theresien-Platz, 1010 Wien

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