Das Österreichische Parlament

Rundgang durch das Parlamentsgebäude von Österreich


In Österreich obliegt die Gesetzgebung auf Bundesebene zwei eigenständigen gesetzgebenden Körperschaften, dem Nationalrat (183 Abgeordnete) und dem Bundesrat (61 Mitglieder), die gemeinsam auch als Parlament bezeichnet werden. In seltenen Fällen treten Nationalrat und Bundesrat als Bundesversammlung gemeinsam zusammen.


Wenn die Gesetzgebungsorgane des Bundes auch verfassungsrechtlich nicht als "das Parlament" bezeichnet werden, so ist dieser Begriff doch weit verbreitet und wird von den beiden Kammern auch in der Öffentlichkeitsarbeit gebraucht. Ohne weitere Spezifizierung ist damit im allgemeinen österreichischen Sprachgebrauch meist nur der Nationalrat gemeint.
Das Parlamentsgebäude als Modell.


Das Parlament tagt im von Theophil von Hansen errichteten Parlamentsgebäude an der Wiener Ringstraße. Der Bau wurde im griechisch-römischen Stil mit neogotischen Einflüssen gehalten. Die Besonderheit an der Konstruktion liegt in der Aufteilung der Stilrichtungen. Der linke Flügel und der linke Teil der Front wurde im römischen Stil gebaut, während die rechte im griechischen gehalten wurde.


Die Mitwirkung gewählter Abgeordneter an der Gesetzgebung begann in Österreich 1861 mit dem Reichsrat, der 1867 zum Parlament Cisleithaniens, der im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder Österreich-Ungarns, wurde. Seit 1883 tagten Reichsratsabgeordnete und Herrenhausmitglieder im heutigen Parlamentsgebäude in Wien, damals k.k. Reichsratsgebäude genannt. Im Vestibül erblicken Eintretende sechs Säulen, sieben Meter hoch und aus Trientiner Marmor. Links und rechts davon münden die Prunktreppen aus dem Unteren Vestibül ein.


Im Dezember 1918 beschloss die Nationalversammlung das allgemeine Wahlrecht auch für Frauen. Frauen und Männer wählten hierauf im Februar 1919 die Konstituierende Nationalversammlung. Diese beschloss 1920 das Bundes-Verfassungsgesetz, die Verfassung der Republik Österreich, auf der das österreichische Parlament seither beruht. In alle diese Vorgänge waren die Bürger des Burgenlandes nicht einbezogen, da Deutsch-Westungarn de facto bis Ende 1921 zu Ungarn gehörte. Die erste Nationalratswahl, an der auch burgenländische Wähler und Politiker beteiligt waren, fand 1923 statt.


Die repräsentative "Säulenhalle" wird gelegentlich für Ausstellungen und politisch-gesellschaftliche Anlässe genützt. Der Name der zentralen Halle begründet sich durch insgesamt 24 monolithischen, aus einem rotgrauen Kalkstein vom Typ Rot-Grau-Schnöll aus Adnet (Salzburg) bestehenden Säulen.
Das Raumausmaß von 40 x 24 Metern entspricht etwa der Hälfte eines Fußballfeldes.


Das Parlamentsgebäude an der Wiener Ringstraße wurde von 1874 bis 1883 nach einem Entwurf von Theophil von Hansen im neoklassizistischen Stil errichtet.


Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses bzw. der Bundesversammlung
Der historische Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses, der für 512 Abgeordnete von der Bukowina bis Dalmatien Platz bot, wird heute normalerweise nur für die Sitzungen der Bundesversammlung anlässlich der Angelobung des Bundespräsidenten und für andere Staatsakte, bei denen beide Kammern des Parlaments anwesend sind, genutzt.


Die Bundesversammlung ist ein Verfassungsorgan der Republik Österreich. Sie setzt sich aus den Abgeordneten zum Nationalrat und den Mitgliedern des Bundesrats zusammen. Die Bundesversammlung seit 1945 nur mehr zur Angelobung eines gewählten Bundespräsidenten zusammengetreten.


Das Bundes-Verfassungsgesetz regelt in Art. 38 die grundsätzlichen Aufgaben der Bundesversammlung wie folgt:
"Der Nationalrat und der Bundesrat treten als Bundesversammlung in gemeinsamer öffentlicher Sitzung zur Angelobung des Bundespräsidenten, ferner zur Beschlussfassung über eine Kriegserklärung am Sitz des Nationalrates zusammen."


Maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung des Gebäudes hatte der Industrielle und Kunstmäzen Nikolaus Dumba, Sohn eines Griechen, genommen. Auffallend ist die architektonische Ähnlichkeit des Parlamentsgebäudes mit Hansens Akademie von Athen und dem vom gleichen Architekten entworfenen und ebenfalls 1874 begonnenen Athener Zappeion.
Zum ersten Mal wurde in Wien ein größerer Bau nicht nur im den Zeitgenossen gewohnten Längenmaß Klafter, sondern auch in der 1871/1872 eingeführten neuen Maßeinheit Meter geplant und ausgeführt.


Im Gebäude befinden sich weiters diverse kleinere Sitzungszimmer für Parlamentsausschüsse, Klubräume der Abgeordnetenklubs (Fraktionen), Arbeitsräume der Nationalratspräsidentin und ihrer beiden Stellvertreter, die Parlamentsdirektion, die Parlamentsbibliothek, der Stenographendienst, Diensträumlichkeiten des LVT Wien und ein als "Milchbar" bezeichneter gastronomischer Betrieb.


Sitzungssaal des Herrenhauses bzw. des Nationalrats
Der heutige Sitzungssaal des Nationalrates befindet sich an Stelle des früheren Sitzungssaales des Herrenhauses, der 1945 durch Bombentreffer zerstört und danach völlig neu aufgebaut wurde. Der 1956 fertiggestellte Sitzungssaal ist ein typisches Beispiel der Architektur der 1950er Jahre und ist bis auf einen in Stahl getriebenen Bundesadler von Rudolf Hoflehner weitgehend schmucklos. Hinter dem Rednerpult befindet sich die Regierungsbank, die aber meist nur bei wichtigen Anlässen wie der Regierungserklärung oder der Budgetrede vollständig besetzt ist. Der Sitzungssaal ist technisch veraltet und nicht behindertengerecht und soll daher demnächst komplett erneuert werden.


Der Nationalrat ist die Abgeordnetenkammer des österreichischen Parlaments. Er ist gemäß Bundes-Verfassungsgesetz mit dem Bundesrat, der die Vertretung der Länder darstellt, zur Gesetzgebung des Bundes berufen. Beide Kammern sind als selbstständige Organe eingerichtet. Generell werden Initiativen zunächst vom Nationalrat beraten, der Bundesrat bildet dabei im Gesetzgebungsprozess das bestätigende oder verwerfende Organ.


Ein über den Nischen im Oberen Vestibül beginnendes, rundum laufendes und in das Atrium überleitendes Friesgemälde von Alois Hans Schram von 1911 stellt im Stiegenhaus die materiellen Segnungen des Friedens dar.
Darstellung: Gedeihen der ideellen Güter des Volkes: Humanität und religiöser Kultus.


Sitze der Präsidenten von Bundesrat (links) und Nationalrat (rechts).


Büro des Bundesratspräsidenten


Sitzungssaal des Bundesrates
Das ehemalige Vorzimmer des Herrenhauses ist seit 1920 Sitzungssaal des Bundesrates. Die Innengestaltung des Raumes wurde im Laufe der Jahrzehnte mehrfach verändert.


Der Bundesrat bildet in Österreich neben dem Nationalrat die zweite Kammer des österreichischen Parlaments. Er ist der Vertretungskörper der Bundesländer auf Bundesebene.
Der Vorsitzende des Bundesrates wird als Bundesratspräsident bezeichnet.


In der politischen Praxis hat der Bundesrat in Österreich nur sehr geringen Einfluss, da er in den allermeisten Fällen gegenüber dem Nationalrat nur ein suspensives (d. h. aufschiebendes) Vetorecht besitzt, das vom Nationalrat durch einen mit einfacher Mehrheit gefassten Beharrungsbeschluss übergangen werden kann. Damit ergibt sich – bis auf wenige Ausnahmen – nur eine bestenfalls aufschiebende Wirkung bei der Ablehnung eines Gesetzes.


Figuren an den Stirnseiten der Säulenhalle


In Wandnischen über den Treppen des Oberen Vestibül – diese sind von so genanntem "Forellenmarmor" eingefasst – befinden sich Nachbildungen antiker Gottheiten aus Laaser Marmor. Auf der linken Seite Apollo, Athene, Zeus, Hera und Hephaistos und auf der rechten Seite Hermes, Demeter, Poseidon, Artemis und Ares.

Aufgrund der seit Jahren bekannten Gebäudeschäden haben sich die sechs Parlamentsparteien im Dezember 2014 auf eine Übersiedlung des Nationalrates während der für von 2017 bis 2020 geplanten Umbauarbeiten in die Redoutensäle der Wiener Hofburg geeinigt. Die Kosten für die Gebäudesanierung sind mit insgesamt 352,2 Mio. Euro veranschlagt, jene für die Übersiedelung und die Ausweichquartiere auf 51,4 Mio. Euro.