Rollettmuseum

Baden, Jänner 2023

Entdecken Sie die Geschichte der Stadt Baden rund um die Sammlung aus den Beständen des Badener Arztes, Schriftstellers, Naturforschers und Kunstfreundes Anton Rollett. Groß und Klein finden hier ihr Lieblingsstück: eine echte Mumie, Fundstücke aus der Römerzeit, ein Stadtmodell um 1550, Kunstwerke der Biedermeierzeit sowie Anekdotisches zur Kur.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Das Rollettmuseum – Niederösterreichs ältestes Museum
Der Grundstock der Sammlung geht auf Anton Franz Rollett zurück (1778-1842). Der Badener Arzt richtete ein privates Museum ein, das Naturalien genauso wie Antiquitäten, Handarbeiten und technologische Produkte umfasste. Die älteste Eintragung in seinem Gästebuch stammt aus dem Jahr 1810. 1867 schenkte die Familie Rollett die Bestände der Stadt, die sie 1876 mit dem alten Stadtarchiv vereinigte. Hermann Rollett (1819-1904), ein Sohn des Museumsgründers, wurde als Leiter dieser „Städtischen Sammlungen“ bestellt. Er machte sich als Dichter, Wissenschaftler und Lokalhistoriker einen Namen und erweiterte die Sammlung wesentlich.
Auch das heutige Museumsgebäude hat seine eigene Geschichte. 1903-1904 als Rathaus der Gemeinde Weikersdorf errichtet, verlor es bei der Zusammenlegung mit der Stadt Baden im Jahr 1912 seine Funktion und wurde schließlich der Unterbringung der Städtischen Sammlungen gewidmet.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Dr. Gall's Schädelsammlung
Franz Joseph Gall, geb. 1758 in Tiefenbronn im Schwarzwald, studierte in Straßburg und Wien Medizin und betätigte sich nach seiner Promotion (1785) als praktischer Arzt und Forscher. Sein Spezialgebiet war die damals brandaktuelle Gehirnanatomie. Sein bleibendes Verdienst ist die Entdeckung der sog. „Lokalisation", d.h., daß die verschiedenen Gehirnpartien jeweils verschiedene Funktionen ausüben. Von dieser Erkenntnis leitete er dann die heute eher kurios anmutende Schädellehre oder Phrenologie ab. Besonders ausgeprägte oder unterentwickelte Gehirnpartien so meinte Gall - sind an der Schädeldecke als Buckel oder Vertiefung erkennbar. Als Studienmaterial zur Untermauerung dieser These besorgte er sich ab 1796 Lebend- und Totenmasken von allem, was in Wien Rang und Namen hatte, aber auch die Schädel von Selbstmördern, hingerichteten Verbrechern, Leuten, die im Narrenturm gestorben waren u.v.a. Heute wissen wir, daß Galls Methode ein Irrweg war - schon damals stieß seine Lehre auf geteilte Meinungen. Eines Tages stand z.B. auf Galls Hörsaaltür:
Hier lehrt ein leerer Schädel leere Schädel Schädellehre!

Andererseits aber gab es begeisterte Zustimmung selbst Goethe war von der Schädellehre sehr angetan.
1802 beendete Kaiser Franz die Diskussion in Österreich durch ein Lehrverbot. Es folgten einige Wanderjahre durch Deutschland und die Niederlande, wobei Gall versuchte, seine Lehre im Sinn einer aufgeklärten Humanität auch praktisch anzuwenden: Da Verbrechen vielfach in krankhaften Veranlagungen des Gehirns begründet seien, müsse man heilen statt strafen! Ein überraschend moderner Ansatz, und es gelang dem rührigen Doktor tatsächlich, einige Zuchthäuser in diesem Sinn zu reformieren.

1807 ließ sich Gall in Paris nieder, wo ihm bis zu seinem Tod im Jahr 1828 ein kontroversielles, aber persönlich erfolgreiches Wirken beschieden war. Da die Schädel- und Büstensammlung zu umfangreich für einen Transport war, mußte sie in Wien zurückblei    ben Gall baute sich in Paris eine neue, größere auf, die heute in den Depots des „Musée de l'homme" verwahrt ist. Die Wiener Bestände wurden mit Einverständnis Galls 1825 dem Badener Arzt Anton Rollett, der ein eifriger Anhänger der Phrenologie war, für sein Museum übergeben.

Im Laufe der Jahre wurde die Sammlung um wichtige Stücke vermehrt, sodaß sie heute 119 Büsten, 78 Schädel und eine Basis, 25 Masken und 20 Wachsmodelle von Menschen- und Tiergehirnen umfaßt. Darunter befinden sich so seltene Stücke wie die einzige sicher echte Lebendmaske Napoleons I., eine Totenmaske desselben, ferner Totenmasken des Herzogs von Reichstadt, der einige Stunden lang Napoleon II. hieß, des 1914 ermordeten Thronfolgerehepaares Franz Ferdinand und Sophie, Gipsabgüsse der Schädeldecke Ferdinand Raimunds, eine Büste des Wiener Mohren Angelo Soliman, ein Wachsabguß der Hand der französischen Königin Marie Antoinette und last, not least der Schädel des Museumsgründers Anton Rollett!

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Die Gall’sche Schädelsammlung. Die Schädel- und Büstensammlung des Rollettmuseums beherbergt die Überreste der Forschungen des Arztes Franz Joseph Gall (1758-1828). Durch eine Fehldeutung erlangte seine Lehre über das Gehirn fragwürdigen Ruhm, er selbst wurde zum gefeierten Popstar. Der Hype ging so weit, dass europäische Zeitungen nach seinen Vorträgen von regelrechten „Schädelepidemien“ berichteten. Später wurde die morbide Sammlung durch Anton Rollett um eine Kollektion von Körperabdrücken erweitert, darunter eine Lebendmaske Napoleon Bonapartes. Was es sonst zu sehen gibt: über 200 Totenköpfe und Büsten, Wachsnachbildungen menschlicher und tierischer Gehirne in Originalgröße, Ferdinand Raimunds abgegossene Schädeldecke, eine Replik von Marie Antoinettes Hand, einen Eisbärschädel.

Muskelmensch („Bogenspanner"), fecit Anton Brenek, 1879

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Apotheken-Krokodil, ca. 1890 - Geschenk der Heiligengeist-Apotheke
Historische Präsentationstechnik: Auch im ältesten Rollettmuseum hing ein ausgestopftes Krokodil von der Decke!

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Mumie eines 50-jähr. Mannes (Ptolemäerzeit – 3./1. Jh. v. Chr.), Fundort: Gizeh, Ankauf 1896 durch Georg Mautner v. Markhof
Sarkophag der Techi (18. Dynastie – 15. Jh. v. Chr.), Fundort: Gizeh, Ankauf 1896 durch Georg Mautner v. Markhof

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Junger Uhu
Unfallopfer - tot auf der Straße aufgefunden. Von der Badener Jägerschaft auf eigene Kosten präpariert und dem Rollettmuseum gespendet.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Das Rollettkabinett. Die „Wunderkammer“ des Badener Arztes Anton Rollett (1778-1842) gibt Einblick in die exzessive Sammellust und den Wissensdurst des 19. Jahrhunderts. Im Kleinen eröffnet sich eine ganze Welt wertvoller und nicht minder kurioser Schätze: als Bücher getarnte Kästen mit von Anton Rollett gesammelten und getrockneten Pflanzen, Schneckenkönige und Apothekenkrokodile, eine altägyptische Mumie oder die von Zeitgenossen als besonders „exotisch“ empfundenen Souvenirs der Weltreise des Josef Frh. von Doblhoff.
Was es sonst zu sehen gibt: eine Reiseapotheke im Miniaturformat, eine 24-bändige „Sammlung weiblicher Handarbeiten“, eine altrömische Amphore, Anton Rolletts Schreibtisch mit Geheimfach, eine Rose aus dem Garten des Erzherzog Carl aus Rolletts Rosenherbarium.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Seit 1914 sind das Rollettmuseum und das Stadtarchiv Baden im ehemaligen Rathaus der Gemeinde Weikersdorf untergebracht. 1903/1904 nach Plänen des Architekten Rudolf Krausz im Stil der deutschen Renaissance errichtet, verlor es 1912 seine ursprüngliche Funktion, weil Weikersdorf in die Stadt Baden eingemeindet wurde. Gerade eröffnet, wurde das Rollettmuseum mit Beginn des 1. Weltkriegs zum Lebensmittelmagazin und blieb 12 Jahre lang geschlossen. 1926 unter dem Kustos Dr. Walter Hermann wiedereröffnet, wurde es während des 2. Weltkriegs erneut geschlossen, während der Besatzungszeit diente der Keller als Schlachthaus.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

1957 wurde das Museum in neuer Einrichtung wiedereröffnet. Reg. Rat Alfred Frühwald bemühte sich als ehrenamtlicher Leiter um eine Sichtung und Inventarisierung der Bestände, mit 1995 wurde Dr. Rudolf Maurer als hauptamtlicher Leiter der Städtischen Sammlungen Rollettmuseum / Stadtarchiv bestellt. Neben der Neuaufstellung der Sammlungen hat er mit der Publikationsreihe der Katalogblätter unzählige wissenschaftliche Arbeiten über Baden verfasst.

Mit der Übernahme durch Dr. Ulrike Scholda 2015 wurden das Rollettmuseum und das Stadtarchiv Baden in die Abteilung Museen der Stadt Baden eingegliedert. So werden heute vom Weikersdorfer Platz aus auch das Beethovenhaus Baden, das Kaiserhaus am Hauptplatz und das Puppen- und Spielzeugmuseum Baden in der Attems-Villa betreut und Synergien gefördert.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Frühe Geschichte – Jungsteinzeit, Metallzeiten, römisches Baden
Alte Bekannte. Ein funktionaler Hammer, ein zarter Kupferhalsreif oder der vertraut wirkende Klang einer Knochenflöte – die jungsteinzeitlichen Fundstücke aus Badens frühester Besiedelungszeit vor etwa 5000 Jahren vermögen zu erklären, warum uralte Geschichte Menschen heute noch fasziniert: weil wir uns in ihr wiederfinden, wenn wir einen genaueren Blick wagen.

Was es sonst zu sehen gibt: die modischen Gefäße der jungsteinzeitlichen „Badener Kultur“, steinerne Waffen und Werkzeuge, Wildkatzen, Webgewichte aus der Hallstattzeit, eine römische Fußbodenheizung, den polychromen Grabstein eines römischen Legionärs, Keramiken aus Gallien.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Mittelalter - Burgen, Mauern und Schlupflöcher. 1480 erhob Kaiser Friedrich III Baden vom Dorf zur Stadt. Damit ging die Berechtigung zum Bau einer Stadtmauer einher, deren sechs Tore nachts aus Sicherheitsgründen verschlossen wurden. Die meisten Heurigenbetriebe waren außerhalb der Mauer angesiedelt. Damit die Badener*innen trotzdem weiterhin dem Weingenuss frönen konnten, wurde kurzerhand ein zusätzliches, geheimes Tor eingebaut, das seinem Namen alle Ehre machte: das berühmte Lumpentürl. Ein gläserner „Schnapshund“ lässt vermuten, dass der Alkoholkonsum bereits in Zeiten der großen Ritterburgen eine nicht unbedeutende Rolle gespielt haben muss – lediglich zum Aufwärmen an kalten Wintertagen, versteht sich. Die beheizte Kemenate durfte schließlich nur von Frauen und Kindern benutzt werden…

Was es sonst zu sehen gibt: das hölzerne Stadtmodell von 1900, steinerne Kanonenkugeln, Skelettfunde aus dem Massengrab in der Erzherzogin Isabelle-Straße, Wappen und Siegel, die Feuerfahne des Badener Turmwächters, ein Modell der Höhenburg Rauheneck.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Grab 74: Der 45-55 jährige Mann asiatischer Abstammung dürfte zur Führungsschicht gehört haben, denn er wurde mit seiner Lanze und seinem Messer beigesetzt. Als Wegzehrung für die Reise ins Jenseits enthielt er Teile eines Huhnes. Der Gürtelschnalle haften noch Gewebereste an.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Modell der Stadt Baden (angefertigt ca. 1900), Bauzustand der Stadt ca. 1550

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Stationen der Geschichte Badens - Schwierige Zeiten. Dass eine Stadterhebung nicht nur Vorteile mit sich brachte, sondern auch Angriffsfläche bot, zeigen Dokumente und Artefakte diverser Kriege, Seuchen und Brände, mit denen Baden zwischen 1500 und 1800 zu kämpfen hatte. Grob gesprochen hatte jede Generation mindestens einmal alles verloren. Dem letzten großflächigen Feuer von 1812 „verdankt“ die Innenstadt übrigens ihr gleichförmig biedermeierliches Aussehen… Beim Ausstellungsraum handelt es sich um den ehemaligen Sitzungssaal des Rathauses der Gemeinde Weikersdorf, ab 1912 Stadtteil von Baden.

Was es sonst zu sehen gibt: die Stadterhebungsurkunde von Kaiser Friedrich III (Replik), manipulierbare Pfennige, eine alte Semmel aus napoleonischer Zeit, Hellebarden, die einzig erhaltene Lebendbüste Wolfgang Amadeus Mozarts.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

UHRWERK vom Turm des 1897 demolierten Schlosses Gutenbrunn
Das Werk besitzt eine Ankerhemmung, Sekundenpendel, Viertelstunden- und Stundenschlag
Nach 100jährigem Dornröschenschlaf wurde das schmiedeeiserne Kunstwerk in den Werkstätten des Stadtmuseums von Traiskirchen restauriert und am 20.2.1998 um 18 Uhr wieder in Gang gesetzt.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

 Rollettmuseum, Jänner 2023

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Schützenscheibe zum 100jährigen Gedenken des Türkenjahres 1683

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Quellen und Bäder – der Kurort Baden - Gesundheitscheck anno dazumal. Fuhr man im 19. Jahrhundert auf Kur, unterzog man sich naturgemäß einer ärztlichen Untersuchung. Die Angabe des eigenen Körpergewichts muss schon damals als schamvolle Angelegenheit wahrgenommen worden sein. Wieso sonst hätte man eine Waage mit spiegelverkehrtem Ziffernblatt – sozusagen „mit eingebautem Datenschutz“ – erfunden? Zugleich brachte der Kurbetrieb aber auch Apparaturen zur Förderung eines positiven Körperbewusstseins hervor, etwa eine Unterwasser-Version des heutigen Hometrainers…

Was es sonst zu sehen gibt: Pläne und Grafiken der Badener Quellen und Thermen, einen historischen Rollstuhl, Arzneimittel vergangener Epochen, das für Kaiserin Maria Theresia zu „obszöne“ Stadtwappen.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Weinbau - Beim Heurigen. Der Wein hatte schon immer große Bedeutung in Baden. Dieser kleine Raum geht auf eine Schenkung von Frau Magda Riedl (1996) zurück und gibt eine umfassende Dokumentation des Lebens der Großeltern- und Urgroßelterngeneration der Badener Winzer. Keine archäologische Sensation, doch ein berührender Einblick in das Leben unserer Vorfahren.

Was es sonst zu sehen gibt: ein keltisches Rebmesser aus Eisen und die „älteste Weingartenjause Badens“, ein in den Weingärten wiederentdecktes Geschirr, an die 400 Jahre alt.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Hygieia (röm.-griech. Göttin der Gesundheit)
Relief von Josef Klieber (1773 - 1850) bis 1879 an der Landschaftsapotheke angebracht

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Biedermeier - Reich & Schön. Zur Regierungszeit Kaiser Franz I. florierte die Badener Sommerfrische. Es galt, zu sehen und gesehen zu werden. Pläne prachtvoll ausgebauter Parks und Gärten, Gemälde von Frauen in üppigen Kleidern nach der neusten Mode und allerhand kunstvoll-kitschiger Nippes zeugen noch heute von der biedermeierlichen Dekadenz der wohlhabenden Schichten des beginnenden 19. Jahrhunderts.

Was es sonst zu sehen gibt: ein Diorama des Schlosses Weilburg, Anton Rolletts überdimensionalen Insektenkasten, ein verspieltes Nagel-Set aus Perlmutt, Porzellan-Souvenirs mit Badener Motiven, einen multifunktionalen Bügeltisch.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Biedermeier-Portaluhr mit Darstellung der Weilburg, um 1825 Holz, Alabaster, Perlmutt
Biedermeier-Säulenuhr, Holz, Alabaster, Messing, Perlmutt 1820/1830

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Küchensessel – Bügelbrett
Holzsessel mit Lade unter der Sitzfläche und ausklappbarem Fußschemel. Die Lehne kann als Bügelbrett über die Sitzfläche vorgeklappt werden und hat eine mit Scharnier versehene Stütze, die dann auf dem Schemel einrastet: Platzsparende Lösung für kleine Arbeitsräume! Nach Spuren von Schraubzwingen von A. Rollett als Arbeitstisch verwendet.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Gesellschaft im Wandel. Baden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Vom Rauchen und Spucken und … – der Operette. Mit dem Wandel von einem adeligen zu einem zunehmend bürgerlichen Kurpublikum, veränderte sich auch die kulturelle und industrielle Landschaft Badens: Weichselplantagen zur Anfertigung von Pfeifen wurden angelegt, der Bahnhof ausgebaut und sogar eine Automobilfabrik betrieben. Operette und Walzer feierten ihre Blüte. Man munkelt gar, eines der Erfolgsgeheimnisse der neu errichteten Sommerarena sei das aufgehobene Rauchverbot gewesen – offenbar ein Anreiz für viele Männer, ihre Gattinnen zum Theaterabend zu begleiten… Der Tabak wurde übrigens nicht nur geraucht, sondern auch gekaut. Ein historischer Spucknapf zeugt heute noch von dieser eigentümlichen Körpertechnik.

Was es sonst zu sehen gibt: die Bajonette und Säbel der kaisertreuen Nationalgarde, ein Modell des Schlosses Gutenbrunn, Notenblätter berühmter Badener Kompositionen.

Ludwig Hoffmeister, ca. 1830, Café Scheiner, Weilburgstraße, Ölgemälde

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Der Herr segne Franz I. für die beschützende Huld.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Schloss Weilburg
Das Modell im Maßstab 1:100 wurde 2015 für die Ausstellung im Kaiserhaus „Schloss Weilburg in Baden, Symbol einer Liebe" nach dem Entwurf von Arch. Dipl.-Ing. Paulus Ramstorfer von Modellbau Harry Schmidt angefertigt.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

CHRONOLOGIE November 1918
Oktober 1918 Die spanische Grippe erreichte in Baden im Oktober 1918 ihren Höhepunkt. Nach den Matriken der Badener Pfarren fielen der Krankheit im Oktober 1918 insgesamt 44 Personen zum Opfer, während zuvor im September nur eine und im November noch 8 Personen starben.
16. Oktober 1918 An meine Völker - Manifest Kaiser Karls I.
21. Oktober 1918 Provisorische Nationalversammlung der deutschen Abgeordneten in Wien.
27. Oktober 1918 Aufkündigung des militärischen Bündnisses mit dem Deutschen Reich
31. Oktober 1918 Die ungarische Reichshälfte erklärt den Ausgleich von 1867 für erloschen.
1. November 1918 10.00 Uhr vormittags: Außerordentliche Gemeinderatssitzung: Bürgermeister Dr. Trenner verkündet, dass das Armeeoberkommando der Stadt Baden eine große Anzahl von Lebensmitteln zur Verfügung stellt. Die Vorarbeiten zur Schaffung einer Nationalgarde sind sofort vorzunehmen. Das Armeeoberkommando hat sich bereit erklärt, eine entsprechende Anzahl von Waffen beizustellen.
2. November 1918 Im k.k. Kriegsspital (Barackenlager in der Vöslauerstraße) verlassen Soldaten eigenmächtig ihre Räume.
3. November 1918 Waffenstillstand von Villa Giusti bei Padua zwischen Österreich-Ungarn und der Entente bzw. Italien. Kaiser Karl legt den militärischen Oberbefehl nieder. In Baden leerte sich das Hauptquartier, die Passvorschriften waren bereits aufgegeben. Mit Kisten und Koffern drängten sich Soldaten an den Schaltern. Die Züge waren voll, selbst auf der Lokomotive und den Waggondächern saßen massenhaft Soldaten.
4. November 1918 Plünderungen in Bad Vöslau der dortigen AOK Lager. Bürgermeister Trenner verkündet im Kurhaus den Abschluss des Waffenstillstandes. Das AOK übergibt Waffen an die Volkswehr in Baden.
5. November 1918 09.15 Uhr: Konstituierung des Wohlfahrtsausschusses des politischen Bezirks Baden.
Letzte Lebensmittelspende des AOK an die Stadt Baden: 78 Schafe, 49 Schweine, 28 Ferkel, 19 Milchkühe, 1 Kalb, 7 Ochsen,... Plünderungen und Beschlagnahmungen
6. November 1918 Menschenmassen und Krawalle am Hauptplatz und vor dem Rathaus, Plünderungen von Geschäften. Demobilisierung der Land- und Luftstreitkräfte.
7. November 1918 Die Stadtgemeinde Baden beschlagnahmt Naturalien und Lebensmittel des AOK, soweit sie nicht schon verschleppt wurden.
8. November 1918 Die Schuh- und Ledervorräte im Sauerhof werden durch Soldaten geplündert.
9. November 1918 Aufruf an die Soldaten und Heimkehrer sich der Volkswehr in Baden anzuschließen. Jeder Volkswehrmann erhält täglich 6 K und freie Verpflegung und wer keine Unterkunft hatte, auch diese.
11. November 1918 Verzichtserklärung Kaiser Karls I. auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften. Neukonstituierung der Gemeindevertretungen: Den Gemeinden des politischen Bezirkes Baden wird durch den Wohlfahrtsausschuss nahegelegt, dass die politischen Parteien (Großdeutsche Volkspartei, Christlichsoziale Partei, Sozialdemokratische Arbeiterpartei) zu je einem Drittel in den neuen Gemeinderäten vertreten sein sollten.
12. November 1918 Ausrufung der Republik Deutschösterreich

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Ballett-Tänzerinnen, Franz Vogl (1861-1921)

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Ereignisse bis 1955 - Geschichte in Bildern. Zwei Gemälde mit Darstellungen der beiden Weltkriege bilden eine Klammer für die prägenden Kriegsereignisse in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1917 verlegte Kaiser Karl das Armeeoberkommando von Teschen nach Baden. Die damit verbundene Hoffnung auf einen möglichen Friedensschluss interpretierte der Maler Carl Probst, indem er Kaiser Karl und den preußischen Kaiser Wilhelm II mit vertauschten Uniformen abbildete.

Das düstere Gemälde von 1945 lässt nur mehr wenig Spielraum für Zuversicht: Rauch und Flammen steigen über Badens Gassen empor, der Himmel ist bedrohlich rot verfärbt. Bis 1955 war Baden Teil der sowjetischen Besatzungszone. Berührend und erschreckend, in der Vitrine ist in einem Originalbrief von 1945 über das Kriegsende in Baden zu lesen.

Was es sonst zu sehen gibt: ein „Doppelbildnis“ von Adolf Hitler und Andreas Hofer, Artefakte der sowjetischen Besatzungsmacht, ein Stereoskop mit 3-D-Fotografien um 1900, den Zustand des frühen Strandbads und viele seltene Fotografien.

 Rollettmuseum, Jänner 2023

Das als Rollettmuseum bekannte Gebäude wurde, nach der am 8. August 1903 erfolgten Grundsteinlegung, am 6. April 1905 als Rathaus (Amtshaus) der Gemeinde Weikersdorf eröffnet. Es wurde, nach einem 51 Einreichungen jurierenden Wettbewerb, von dem Architekten Rudolf Krausz (1872–1928) in der Formensprache der deutschen Renaissance entworfen und baulich ausgeführt von Stadtbaumeister Josef Schmidt (1847–1910). Nachdem die damals unabhängige Gemeinde Weikersdorf im Jahr 1912 bei Baden eingemeindet wurde, war das Gebäude zunächst funktionslos. Im Jahre 1912 wurde mit einer Ausstellung die Nutzung als Museum begonnen.

 Rollettmuseum, Jänner 2023